Interview mit Unerhört!-Programmdirektor Stefan Pethke


programdirektor_onlineVom 10. bis 13. Dezember zeigt das Unerhört! Musikfilmfestival eine Auswahl des Programms, das Anfang Dezember in Hamburg zu sehen war. Programmdirektor Stefan Pethke sprach mit Berliner-Filmfestivals.de über das Konzept und den Anspruch des Festivals.

Berliner Filmfestivals: Was ist das Besondere an eurem Festival?

Stefan Pethke: UNERHÖRT! zeigt die künstlerische Vielfalt im Film und in der Musik des 20. und 21. Jahrhunderts: Dokumentationen, Feature Filme, Kurzfilme aus den Genres Klassik, Jazz, HipHop, Pop, Rock, Blues, Folk, Elektronik und Tanz. Wir vergeben in Hamburg Preise für den „Besten Musikfilm“, „New Talents“ und den Publikumspreis und sind somit ein Filmfestival.

BF: Unter welchen Aspekten entstand das diesjährige Programm?

Pethke: Das Programm entsteht immer unter dem Aspekt, die Schätze an internationalen Musikdokumentationen und Musikfilmen zu heben, die ansonsten kaum oder nie im Kino laufen und die Fans von Film und Musik zusammenzubringen.

BF: Wo genau liegt diesmal der Themenschwerpunkt?

Pethke: Unsere Themenschwerpunkte 2009 sind: HipHop, Musik in Afrika, Jazz und Tanz. Wir haben es uns auch zur Aufgabe gemacht, den Beitrag der schwul-lesbischen Subkulturen zur Popkultur im Blick zu behalten. Dieses Jahr mit „Topp Twins“, einem wirklich sensationellen Porträt eines neuseeländischen Zwillingspaars, das in Neuseeland ein über alle denkbaren sozialen Schranken hinweg erfolgreicher Stand up Act ist. Selbstredend ein äußerst musikalischer. Dem Überdruss zum Trotz wollten auch wir von Anfang an Stellung nehmen zum Mauerfall und überprüfen, auf welche unterschiedlichen Weisen Musikfilme die Ereignisse be- und verarbeiten. Dabei haben wir uns eine Regel gesetzt: Kein geschichtsloses Jubeln. Wer von Wiedereinigung spricht, muss auch darüber sprechen, was vorher war. In Berlin laufen dazu „Hans im Glück“, ein Porträt über den Bassisten Hans Narva von Herbst in Peking und den Inchtabokatables (jetzt Hands Up-Excitement) und Blixa Bargeld „Das letzte Biest am Himmel“.

BF: Auf welche Filme sollten die Zuschauer besonders achten?

Pethke: Einen Streifen hat es mir besonders angetan: „Station 17:Neu“. Die Station 17 wurde vor knapp 20 Jahren als Verbund von „behinderten“ und „nicht behinderten“ Musikern in Hamburg gegründet. Der Film dokumentiert die Entstehung eines Albums der Station mit u.a Barbara
Morgenstern und Fettes Brot. In filmischer Hinsicht und in musikalisch-poetischer: Wie aus mit Tonband aufgenommenen Gesprächen langsam
Songtexte entstehen, das ist schon sehr bemerkenswert. Und die Musik ist bei aller Unterschiedlichkeit der einzelnen Tracks einfach großartig.
Ausserdem kann man schon von einer UNERHÖRT! Tradition sprechen, dass jedes Jahr ein Film des Meisters des Direct Cinema, Klaus Wildenhahn, dabei ist. Aus gegebenem traurigen Anlass diesmal seine Dokumentation über die im Juni verstorbene Ikone des internationalen Tanztheaters Pina Bausch. Wir sehen sie in „Was tun Pina Bausch und ihre Tänzer in Wuppertal?“ mit ihrem Ensemble Anfang der 80er Jahre bei den Proben zum Stück „Walzer“.

BF: Erwartet ihr Regisseure oder Hauptdarsteller?

Pethke: Ganz sicher kommen die Regisseure Miles Terheggen und Henna Peschel und Darsteller Marc „Sleepwalker“ Wichmann aus „Dicke Hose“ (Gewinner des Publikumspreises Hamburg). Zudem erwarten wir Regisseur Toni Schifer von „On/Off: Mark Stewart – From The Popgroup to Maffia“, den Produzenten von „Divizionz“ Adolf El Assal, die Regisseurin von „Das letzte Biest am Himmel – Blixa Bargeld“ Birgit Herdlitschke; einen der Regisseure von „The Posters Came From The Walls/My Hobby is Depeche Mode“ Nicholas Abrahams samt Depeche Mode Fans aus dem Film; die Regisseure von „The Soundless Fall of Gravitation“ Sasa Orescoviv und „Wir haben die Musik – Unterwegs mit Tom Liwa“ Marc Ottiker.

BF: Gibt es ein Rahmenprogramm?

Pethke: UNERHÖRT! Berlin eröffnet am Donnerstag um 21.00 im Eiszeit mit „Hans im Glück“, im Anschluss spielt die Band von Hans Narva: Hands Up-Excitement. In dieser singt und spielt auch die Regisseurin des Filmes Claudie Lehmann. Zur Vorführung von „Nasus Symphonia“ von Jean Baptiste Filleau wird das Original Oberkreuzberger Nasenflötenorchester auch live zu Gast sein. Durch das Programm von „Spex – Best of 2009 International Video Clips“ führen Martin Hossbach und Moritz Schmall.