Französische Filmwoche: Nathalie von Bernstorff im Interview


Nathalie von Bernstorff

Nathalie von Bernstorff

Vom 1. bis zum 8. Dezember gastiert die Französische Filmwoche in Berlin. Wir sprachen mit Mitorganisatorin Nathalie von Bernstorff über den französischen Film in Berlin und die aktuelle Auswahl der Filmwoche.

Die Französische Filmwoche feiert in diesem Jahr ihr zehnjähriges Jubiläum. Erinnern sie sich noch an die erste Ausgabe?
Nathalie von Bernstorff: Leider nicht, ich war damals noch nicht in Berlin, aber sie fand vor 10 Jahren auch im Dezember statt. Also kehren wir zu unserem „Ursprungsdatum“ zurück. Wir hoffen, dass der Termin auch vom Publikum gut angenommen wird. Im ersten Jahr des Bestehens zog die Französische Filmwoche 350 Gäste an, aber in den weiteren Jahren ist das Festival stetig gewachsen und hat inzwischen einen festen Platz im Berliner Kulturleben. Im Jubiläumsjahr ist es unser Ziel 5000 Besucher zu erreichen.

Welche Rolle spielt die Französische Filmwoche in Berlin?
Bernstorff: Die Französische Filmwoche ist ein Fest für die Berliner, ein Forum und ein Treffpunkt für Francophone, Frankophile und Cinéphile. Das Publikum hat die einmalige Gelegenheit Künstler hautnah  zu erleben, und eine breite Palette neuer, französischer Filme zu sehen. Außerdem ist die Filmwoche ein wichtiger Termin im Kalender der französischen Gemeinschaft, die diesen Anlass gerne nutzt, um sich zu treffen und sich untereinander auszutauschen.
Wir sind natürlich besonders stolz, dieses Jahr das Angebot erhalten zu haben, mit einer Weltpremiere die Französische Filmwoche zu eröffnen: die deutsch-französische Koproduktion „Small World“. Es ist uns besonders wichtig den deutsch-französischen Austausch zu fördern. Deswegen haben wir auch die beiden jungen deutschen Regisseure Dietrich Brüggemann und David Sieveking darum gebeten, die Filme unserer Reihe „Generation 2.0“ vorzustellen. Außerdem wird Christopher Buchholz, der Leiter der Französischen Filmtage Tübingen, seine beiden Lieblingsfilme vorstellen.

Wie werden die Filme ausgesucht?
Bernstorff: Wir haben viele Filme gesehen und wir haben mit vielen Verleihern gesprochen bis wir ein Programm zusammengestellt hatten, das die zahlreichen Facetten des französischen Films in etwa widerspiegelt. Das kann natürlich nie 100prozentig gelingen, da jedes Werk, jeder Film einzigartig ist. Jedes Jahr bringen Filmverleiher hierzulande etwa 40 französische Filme ins Kino, also fast einen Film pro Woche. Unsere Auswahl soll die Aufmerksamkeit des Publikums für diese Filme wecken.

Hat die Filmwoche zum Erfolg des französischen Films in Berlin/Deutschland beigetragen?
Bernstorff: Die Filmwoche kann man als Schlaglicht verstehen, das sich sehr wirksam auf die französischen Filme richtet. Sie ergänzt unsere Arbeit, die französischen Filme das ganze Jahr hindurch zu unterstützen. Unsere Partner in Berlin leisten ebenso eine tolle Arbeit, vor allem die Yorck Kinos, in deren Häusern fast immer ein französischer Film zu sehen ist. Oder das Arsenal, das jedes Jahr einem französischen Regisseur oder einer Regisseurin eine hervorragende und umfangreiche Retrospektive widmet, letztes Jahr z.B. Agnés Varda, dieses Jahr Claire Denis und nächstes Jahr Olivier Assayas. Ausserdem zeigen wird jeden zweiten Dienstag im Babylon Mitte einen französischen Film, der noch keinen Verleih in Deutschland hat.

Gibt es aktuell einen Trend im französischen Film? In Deutschland sieht man häufig Komödien oder romantische Filme. Woran liegt das?
Bernstorff: Die Menschen brauchen es,  sich von den Schwierigkeiten im Alltag, im Beruf und den weltweiten Krisen, über die die Medien viel berichten, abzulenken und sich im Kinosessel zu erholen. Mit einem Film tauchen sie in eine völlig andere Welt ein: Das Publikum  mag das und natürlich bieten sich Komödien dafür besonders an, besonders, weil sie die ganze Familie ansprechen. Mein großer Wunsch ist es allerdings, dass das deutsche Publikum auch die skurrilen Filme aus Frankreich, die oft nur auf DVD erscheinen, im Kino entdeckt. Jemand wie Jean Dujardin ist bei uns ein Star und hier noch unbekannt. Deswegen zeigen wir während der Französischen Filmwoche einen Film, der schon auf DVD erschienen ist: „OSS 117 – Er selbst ist sich genug“, eine köstliche Parodie auf James Bond, und der zweite Teil der „OSS 117“-Reihe. Aber Jean Dujardin hat auch noch andere witzige Rollen erfunden und gespielt, wie  z.B. „Brice de Nice“ – Frankreichs dümmstem Surfer. Merken Sie sich diesen Namen, in Kürze wird er groß geschrieben!

Filmszene: Von Menschen und Göttern"

Filmszene: Von Menschen und Göttern"

Sie zeigen in diesem Jahr auch „Von Menschen und Göttern“, der in Frankreich ein großer Erfolg war und in Cannes ausgezeichnet wurde. Was macht diesen Film so außergewöhnlich und warum empfiehlt er sich dem deutschen Publikum?
Bernstorff: Ein Film wie „Von Menschen und Göttern“erfüllt das Bedürfnis, in eine andere, neue Welt abzutauchen, er zeigt die Welt des Glaubens, die religiöse Gemeinschaft und bringt uns auf diese Weise dazu, auch über andere Probleme nachzudenken. Es wird kaum darüber gesprochen, wie man mit seinem Glauben und anderen Religionen und Religionsgemeinschaften umgehen kann. „Von Menschen und Göttern“, der übrigens eine wahre Geschichte erzählt, wirft genau diese wichtigen Fragen auf.

Mit Coline Serreaus „Good Food Bad Food – Anleitung für eine bessere Landwirtschaft“ zeigen sie sogar einen Dokumentarfilm. Wie kam es dazu?
Bernstorff: Dokumentarfilme gehören genauso zur Kinolandschaft wie fiktionale Filme. „Good Food Bad Food“ stellt wichtige Fragen zur Zukunft unserer Erde und das impliziert immer die Zukunft unserer Kinder.

Haben sie einen aktuellen Lieblingsfilm? Und wenn ja, warum?
Bernstorff: Werde ich nicht verraten!

Werden Regisseure oder Darsteller anwesend sein?
Bernstorff: Ja! Eine ganze Menge sogar! Es fängt an mit der Patin der Französischen Filmwoche, Alexandra Maria Lara,  dazu kommen Gérard Depardieu, Françoise Fabian, Hippolyte Girardot, die Entdeckungen Melvil Poupaud, Louise Monot  –  zwei Namen, die man sich merken wird – und das Nesthäkchen der Filmwoche, Phénix Brossard. Außerdem kommen der Regisseur Bruno Chiche, Géraldine Bajard, eine junge französische Regisseurin, die an der DFFB in Berlin studiert hat, der Meister des Dokumentarfilms, Frederik Wiseman, und Michel Hazanavicius und Yann Samuell.

Die Fragen stellte  Martin Daßinnies.