Berlinale aktuell: Panorama und Perspektive Deutsches Kino


Filmszene: "Tomboy"

Filmszene: "Tomboy"

Panorama

Das Panorama präsentiert in diesem Jahr 16 Spielfilme im Hauptprogramm, 14 im Panorama Special und 20 Werke in der Reihe Panorama Dokumente sowie drei Vorfilme. Das Hauptprogramm eröffnet am 10. Februar „Tomboy„, der zweite Film der Französin Céline Sciamma. Die 10-jährige Laure ist gerade in die neue Nachbarschaft gezogen. Als sie bei den anderen Kindern als Junge durchgeht, erhält sie das Bild aufrecht und wird zu Mickaël. Doch das schluckt die Welt um den selbstbewussten Wildfang nicht ohne weiteres. Panorama Special wird in diesem Jahr im Friedrichstadtpalast und im Kino International präsentiert. Eröffnet wird am 11. Februar mit „Tropa de Elite 2“ des Brasilianers José Padilha. Padilha knüpft nicht nur an seinen Goldenen Bären-Gewinner von 2008 an, sondern ändert auch den Blickwinkel: Ein Menschenrechtsaktivist wird in Brasilien zum Bezirksabgeordneten gewählt und bildet den Gegenpol zu Miliz, Polizei und vor allem Politik.

Panorama Dokumente eröffnet am gleichen Tag der Litauer Mantas Kvedaravicius mit „Barzakh„, einer finnisch-litauischen Ko-Produktion von Aki Kaurismäki. Tschetschenien nach dem Krieg 2006-2009: Ein Mann ist verschwunden. Die Ermittler drohen in einem Wust von entsetzlichen Geheimnissen zu versinken und werden selbst bedroht. Am Beispiel einer tschetschenischen Familie sind die Gräuel des Krieges nach dem Abzug der Russen zu sehen. In diesem Jahr wird es zudem eine Gemeinschaftspräsentation von Forum und Panorama geben. Christian Petzold, Dominik Graf und Christoph Hochhäusler kommen mit ihrer Fernsehproduktion „Dreileben„, die aus der Diskussion der Filmemacher um die Methodik des Geschichtenerzählens entstand. Nach der Uraufführung im Delphi Filmpalast wird „Dreileben“ seine Panorama-Präsentation im Kino International am Berlinale Kinotag, dem 20. Februar, haben.

1000 Robota

1000 Robota

Perspektive Deutsches Kino

Die Perspektive Deutsches Kino feiert 2011 ihr 10jähriges Jubiläum und zeigt ein Programm aus insgesamt elf Filmen, darunter fünf Dokumentarfilme. In ihrem zweiten Spielfilm „Der Preis“ blickt die in Riesa aufgewachsene Regisseurin Elke Hauck zurück auf eine Jugend in der DDR. Alex (Florian Panzner), Mitte 30, Architekt in Frankfurt am Main, hat den Preis einer Ausschreibung für den Umbau einer Plattenbau-Siedlung in Thüringen gewonnen. Was niemand weiß: diese Stadt ist seine Heimatstadt. Alex will Neues bauen und zieht dafür mit seinen Erinnerungen in die Vergangenheit des DDR-Regimes. Eröffnet wird die Perspektive Deutsches Kino in ihrem 10. Jahr zum zweiten Mal mit einem Dokumentarfilm. Die bisher vor allem als Cutterin arbeitende Sandra Trostel begleitet in ihrer ersten Regiearbeit „Utopia Ltd.“ die junge Hamburger Punkband „1000 Robota“ (Anton Spielmann, Basti Muxfeldt und Jonas Hinnerkort) auf ihrem Weg zur Selbstdefinition in einer stark kommerzialisierten Musikwelt.

Ein weiterer langer und zwei mittellange  Dokumentarfilme (60 min und 37 min) vervollständigen das Perspektive-Programm. Angelehnt an die Tradition des „Direct Cinema“ dokumentiert Nicolas Steiner in seinem Schwarz-Weiß-Film „Kampf der Königinnen“ die Touristenattraktion von Kuhkämpfen in einer Arena in Aproz, in den Schweizer Alpen. Er bricht die „reine Beobachtung“ in einem ästhetisch überhöhten Ringkampf-Finale, das durch das von John Gürtler und Jan Miserre arrangierte Perkussion-Bataillon von Pauken und Kuhglocken und diversen Alp- und Kuhhörnern noch unterstrichen wird. Junge Besucher auf ihren Mopeds und alteingesessene Viehzüchter spiegeln den Spagat zwischen Tradition und Moderne.

Filmszene: "Kamakia – Die Helden der Insel"

Filmszene: "Kamakia – Die Helden der Insel"

Die beiden jungen Filmemacher Lisa Sperling und Florian Kläger zeigen in ihrem Debüt-Dokumentarfilm „Stuttgart 21 – Denk mal!“ die Entwicklung einer der größten Bürgerinitiativen in Deutschland seit vielen Jahren. Längst geht es nicht mehr nur um einen neuen Bahnhof, es geht um die Bewegung und ihre Gesichter. Der Film will zeigen, dass sich in Stuttgart etwas entwickelt hat – ein Protest, der neu ist für die Stadt und ganz Deutschland. „Schön, dass wir in der Nachwuchsreihe Perspektive Deutsches Kino die Arbeit zweier junger Filmstudenten zeigen können, mit der sie sich politisch und filmisch positionieren„, kommentiert Berlinale-Direktor Dieter Kosslick die Einladung.

Den Abschluss des Programms der um den Preis „Dialogue en perspective“ antretenden Filme bilden die beiden KHM-Arbeiten (Kunsthochschule für Medien, Köln) „Rotkohl und Blaukraut“ (Anna Hepp) und „Kamakia – Die Helden der Insel“ (Jasin Challah). Der erste lange Film von Anna Hepp porträtiert einen Monat lang zwei junge Familien aus dem Ruhrgebiet: die eine deutsch-türkisch, und die andere türkisch-deutsch – oder umgekehrt? Mit handfestem Ruhrgebietshumor erzählen die Protagonisten von der Brücke zwischen zwei verschiedenen Kulturen, Traditionen und Religionen. In „Kamakia – Die Helden der Insel“ begibt sich der Showmaster und ungewöhnliche Dokumentarist Kosta Rapadopoulos auf die Suche nach den in die Jahre gekommenen griechischen Liebhabern, die ihre Glanzzeit in den 70er Jahren mit deutschen und schwedischen und anderen nordeuropäischen „blonden“ Frauen gehabt haben.

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