Musikfilmfestival In-Edit im Moviemento


Filmszene: "An Island"

Filmszene: "An Island"

Untergrund

Drei Akkorde für ein Halleluja. Seit den frühesten Tagen des Showiz saßen Musiker zwischen Baum und Borke fest. Während sie ihre Zuhörer beglückten, strömte nicht selten allerlei kaum zu Gebrauchendes auf sie ein: unbezahlte Rechnungen, Sex, Vorurteile, Drogen, Außereinandersetzungen mit der Polizei, Alkohol und vielleicht auch Anerkennung. Nach viel Zuarbeit, ermüdenden Telefonaten mit blasierten Bookingagenten, dem Glückgefühl als Haupt- und der Niederlage als Nebenact aufzutreten, bleiben am Ende zumindestens eine Fülle von Erinnerungen. So ist in dieser Situation die Hoffnung verborgen, aus ihr als neuer Mensch entlassen zu werden. Dieser Hoffnung wird am 5. bis 10. April im Kreuzberger Kino Moviemento beim Musikfilmfestival In-Edit in 32 Beiträgen nachgegangen. Unterteilt in drei Sektionen, tuen die Musiker genau das, wozu sie in der Lage sind: Den Gegensatz zwischen Spielen und Handeln  zu annullieren, um so ganz bei sich und dem Zuschauer fast schon zu nahe zu sein.

Beim  International Underground ist man zu Gast in den verrauchten Hinterzimmern dieser Welt. So verabreicht der Franzose Vincent Moon (eigentlich Mathieu Saura) dem Cinéma vérité in „An Island„eine Frischzellenkur. Der Pariser ist kein unbeschriebenes Blatt. Er drehte nicht nur den Konzertfilm „Burning“ für die Band Mogwai, sondern vor allem zahlreiche Musikvideos für Bands wie u.A Xiu Xiu, R.E.M. oder Arcade Fire. Als dann die Band Efterklang letztes Jahr ihr drittes Album „Magic Chairs“ veröffentlichten, stieg nicht nur die Popularität der Band dramatisch an. Eine Zusammenarbeit mit Mr.Moon ergab sich fast von selbst. Hübsch geschossen, werden hier vor allem die Einsatzmöglichkeiten des digitalen Filmes ausgelotet. Der Nachgang von Visuals zu den Spoken Word Passagen sei besonders hervorgehoben.

Yoni Leyster liefert mit „A Man Within“ eine umfangreiche Dokumentation über William  S. Burroughs ab, in der die einzelnen Lebensbereiche gesondert und nachvollziehbar behandelt werden. Am Ende des Streifens darf man sich in Besitz eines sehr guten Basiswissens über unseren Lieblingsjunkie wissen. Vergessen wir auch nicht, dass ihm in den letzten vier Dekaden des 20 Jahrhunderts so ziemliche jede Figur des öffentlichen Lebens (die Spannbreite reicht von Iggy Pop bis Leonardo Di Caprio) die Nähe zu dem Schiftsteller suchte. So ist es durchaus interessant mitzuerleben, wie jede Generation Burroughs für sich neu entdeckt.

Filmszene: "Berlin - Lost in Time and Space"

Filmszene: "Berlin - Lost in Time and Space"

Berlin Schwarz-Weiß

Berlinzulage, der befehlsmäßige Personalausweis, die Linie 1,  kalte Sterne – der Sektionsschwerpunkt „Archive Gem“ liefert einen guten Überblick über die musikalischen Filmproduktionen der ehemaligen Mauerstadt und vermag mit Bildern über die Swinging Sixties und der Mutter aller Musikfestivals – Woodstock aufzuwarten. Oliver Schwabes „Berlin – Lost in Time and Space“ nimmt sich den Heroen der 1980er an. Entfloh man der drögen Westprovinz, wanderte man entweder komplett aus oder man zog nach Westberlin. Dieser morbide Charme, der durch Straßenschlachten, Hausbesetzungen, 24-7-Bars und einer nicht wirklich ernst genommenen Weltuntergangsstimmung versprüht wurde, konnte entweder Erlösung oder eine lebensgeschichtliche Falle sein. DIe Studentenrevolte nahm hier ihren Anfang. David Bowie schrieb „Heroes“. Betrachtet man diese Bilder, so gab es in Westberlin jahreszeitlich immer nur Herbst –  und da man nach den Bildern geht, ist dieses Berlin eher Kolportage als Geschichte. So ist „Lost in Time and Space“ ein bunt-düsterer Reigen aus Berichten, Privataufnahmen und Reportagen. Die Interviews mit den üblichen Verdächtigen FM Einheit, Inga Humpe und Nina Hagen fehlen natürlich nicht.

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