Filmreihe: „The Blues“ in der Brotfabrik


Filmszene: "The Soul of Man"

Filmszene: "The Soul of Man"

Wer heutzutage etwas über den Blues sagt, meint in erster Linie die Vorgeschichte der Rockmusik, die auf Baumwollfeldern in den Südstaaten der USA beginnt und heute bei dem x-ten Revival steht. Natürlich gibt es diese Geschichte, und es ließe sich viel darüber sagen, doch heute geht es nur um den Blues – und das ist gut so. Die Brotfabrik präsentiert vom 21. Juli bis 3. August die vierteilige Dokumentation „The Blues“.

2003 initiierte Martin Scorsese ein gewaltiges Projekt, an dessen Ende über 75 Künstler auftraten, zu Wort kommen oder wenigstens durch ihre namentliche Erwähnung eine entsprechende Würdigung erfahren. Sieben namenhafte Regisseure, darunter Scorsese selbst und Wim Wenders, bereiten ein wichtiges Stück amerikanische Kulturgeschichte auf. Genau genommen sind es im Original eigentlich sieben Episoden. Bedauerlicherweise haben davon nur vier eine deutsche Übersetzung erfahren. Warum beispielsweise die Episode „Piano Blues an Beyond„, unter der Regie von Clint Eastwood, hierzulande keine Übersetzung fand, wird wohl ein Rätsel bleiben.

In der Episode „The Soul of Man“ zeichnet Wim Wenders die Karrieren von Skip James, Blind Willie Johnson und J.B. Lenoir nach. An Skip James sieht man recht deutlich, dass der Blues in erste Linie eine Musik ist, die durch Tradition weitergereicht wurde. So erlernte er das Gitarrespielen vom Bluesmusiker Henry Stuckey. Seinen ersten Song widmete er seinem Job als Straßenarbeiter – „Illinois Blues“. Mit dem Einsetzen der großen Depression verlagerte er sein musikalisches Talent als Chorleiter in die Kirche und wurde erst Dekaden später in 1960ern wiederentdeckt. Der Regisseur Richard Pearce widmet sich in „The Road to Memphis“ ganz der namensgebenden Stadt, die gleich im Dutzend amerikanische Größen der Populärkultur hervorbrachte. Vielleicht liegt es daran, dass man die Melancholie des Country-Blues einfach aus dem emotionalen Vokabular strich und sich mehr auf die Show konzentrierte. Das Präsentieren von Musik gewann in diesem Zeitraum deutlich an Aktualität. Aber wenn Größen wie B.B.King sich an dem Ort versammeln, wo für sie alles anfing, kann eigentlich nichts schiefgehen.

Solomon Burke in "Lightning In A Bottle"

Solomon Burke in "Lightning In A Bottle"

Die Luft wird schwüler. Der Alkohol hochprozentiger. Ein Bottleneck malträtiert eine Stahlsaitengitarre. Martin Scorsese zeichnet im dritten Teil „Feel Like Going Home“ den Weg des Delta Blues nach und da er es ganz genau nimmt, führt ihn seine Recherche und Reise schließlich nach Afrika, denn auch das sollte man nicht vergessen: Der Blues konnte nur entstehen, weil die Vereinigten Staaten bis 1865 Sklaverei betrieben. So tragisch und dialektisch kann Kultur sein. Zum Abschluss der Reihe gibt es dann einen Mitschnitt eines Livekonzertes aus dem Jahre 2003 mit dem Titel „Lightning in a Bottle“ (Antoine Fuqua). Es ist nicht notwendig auf die Sinnesebene der Bluesmusik einzugehen. Ihre Anziehungskraft auf ein normales menschliches Wesen leuchtet von selbst ein. Darum sei diese Film-Reihe wärmstens empfohlen.

Joris J.

„The Blues“, Brotfabrik (Caligariplatz 1) , 21. Juli bis 3. August, Programm unter www.brotfabrik-berlin.de