Kolumne: Einsvierundzwanzig


Filmszene: "Shortcuts"

Filmszene: "Shortcuts"

Was bei vierundzwanzig Bildern pro Sekunde auf und bisweilen auch vor der Leinwand passiert, kann Geschichte schreiben oder auch sofort in Vergessenheit geraten. Unsere Autorin Patricia Schwan schreibt an dieser Stelle in unregelmäßigen Abständen über Erlebnisse und Gedanken zu Film und Kino. Diese Woche hat es ihr der Kurzfilm angetan.

Lange Rede, kurzer Sinn

Wenn es so ist, dass schöne Dinge im Leben immer zu kurz andauern, dann ist die Frage doch, ob das dem Schönen vorzuwerfen ist oder der Kürze. Das Kurze ist in jedem Fall verdächtig. Man brauch nur an das kurze Streichholz zu denken, das keiner ziehen will, oder an die kurzen Ferien, denen von gestressten Arbeitnehmern gerne der Klagelaut „zu kurz“ hinterhergerufen wird. Kurze Züge der Berliner S-Bahn quellen morgens über, unser Kurzzeitgedächtnis taugt schon lange nichts mehr und wir wissen ja was passiert, wenn jemand mal „kurz“ Zigaretten holen geht. Diese aus Erfahrung gespeisten Einsichten scheinen allem zu widersprechen, was man an Lebensweisheit aus Zitatensammlungen ziehen kann. „In der Kürze liegt die Würze„, sagt der Volksmund und Anton Tschechow glaubt, in der Kürze die Schwester des Talents entdeckt zu haben. Hemingway rät Schriftstellern gar, am Stehpult zu schreiben, dann würden ihnen kürzere Sätze einfallen.

Auch in Bezug auf den Film finden sich Liebhaber des Kurzen – man versuche nur mal, für eine der begehrten Kurzfilmprogramme der Berlinale Karten zu bekommen! Außerhalb von Festivals jedoch hat auch der Kurzfilm es nicht leicht und bleibt einem Nischenpublikum vorbehalten. Hin und wieder schafft es mal eine Kurzfilmsammlung oder ein Episodenfilm in die internationale Kinolandschaft. Sogleich kommt einem etwa Robert Altman’sShortcuts“ in den Sinn, der, basierend auf den äußerst lesenswerten Kurzgeschichten von Raymond Carver, bei Kritikern hohes Ansehen genießt.  Doch vergleicht man den Erfolg an der Kinokasse mit irgendeinem beliebigen Langfilm – etwa dem gerade in den Kinos laufenden, mittelmäßigen „The King’s Speech“ – dann stehen sechs Mio. US-Dollar 140 Mio. US-Dollar gegenüber. Oder nehmen wir, um nicht Äpfel mit Birnen zu vergleichen, Robert Altmans letzten Film „A Prairie Home Companion: Last Radio Show„: 20 Mio. US-Dollar.

1 2