Porträt: Down Under Berlin-Leiterin Frances Hill


Festivalleiterin Frances Hill

Festivalleiterin Frances Hill

Frances Hill hält nicht hinter dem Berg, wenn sie schwärmerisch über ihre Lieblingsstadt spricht.

Als sie 2002 mit der Highschool fertig war, reiste sie zu einem Austauschschüler nach Kiel, der Holsteiner Jung‘ drückte in Australien die Schulbank und lud Frances nach Deutschland ein, wo man auch Berlin für drei kurze Tage besuchte. Sie spürte sofort, dass es „die“ Stadt sein wird, in der sie zukünftig öfter sein wollte. Zwei Jahre lang büffelte sie in Down Under die deutsche Sprache und zog dann 2006 nach Berlin. „Hier kann einfach jeder Mensch glücklich werden, sein wie er möchte und seine individuelle Freiheit ausleben und es stört keinen. Das ist in anderen Städten in Deutschland nicht so. In Frankfurt an der Oder zum Beispiel,“ hier studiert die Festivaldirektorin an der Viadrina Universität… gibt es diese bewusste Trennung von Studenten und Stadtbewohnern.“  Auch stören sie manchmal noch die sehr verhafteten deutschen Tugenden und der Hang zu Regeln: „Wenn man in Deutschland etwa beim Einkauf Hilfe von einem Verkäufer braucht, holt dieser erst einmal den Verkäufer, der dafür zuständig ist.

Dennoch: „Berlin ist zwar nicht schön, aber es gibt hier authentische Menschen und die Stadt hat Charme, sexy eben.“ sagt sie mit einem Schmunzler. „Nur diese Enge und die übervollen Straßen mit den vielen Passanten, Autos und der urbanen, quirligen Hektik gaben mir Anfangs ein gewisses Gefühl von Platzangst.“  Daran hat sich die 28-jährige mittlerweile allerdings gewöhnt und vermisst nur noch gelegentlich die Weite, Stille und vor allem die kühle, frische Luft des Meeres, die durch die Strassen Sydneys in der Dämmerung nach einem heißen Sommertag zieht. Mehr noch vermisst sie natürlich ihre Familie und Freunde, die sie am anderen Ende der Welt nicht so häufig besuchen kann. In Sydney studierte Francis nach ihrer Schulzeit Gender Studies. Neben dem Studium verdiente sie ihren Unterhalt in einer Videothek und einem Art Deco-Kino namens Hayden Orpheus Picture Palace, das seit 1935 als Kino seine Pforten offen hält.

In dem ebenso altehrwürdigen Kino Moviemento – das älteste Lichtspielhaus Deutschlands – arbeitet die junge Australierin seit drei Jahren und bewohnte dort auch ihr erstes Berliner Domizil. Diese schicksalhafte Fügung war reiner Zufall, denn neben ihr standen noch, wie in Berlin ja üblich, zwanzig weitere Bewerber für die Wohnung. Unten arbeiten und oben wohnen, ein idealer Ort im quirligen Berlin, an dem Frances viele interessante Menschen kennenlernte und an dem sie sich auch hervorragend ihrer Leidenschaft, dem Kino, hingeben konnte. „Der australische Film hat so viele Facetten„, davon ist Frances überzeugt. „Die Landschaft in den australischen Produktionen ist etwas einmaliges, diese Weite und Kargheit ist singulär. Aber von den Bildern abgesehen, hat der australische Film auch einen sehr trockenen Humor.

Neben ihrem ersten bewussten cineastischen ErlebnisStrictly Ballroom„, den sie im Alter von neun Jahren mit ihrer Großmutter sah, heisst ihr australischer Lieblingsfilm „Two Hands„, mit Heath Ledger in der Hauptrolle. Ein Gangsterstreifen, der durch seine Authentizität besticht. Um Authenzität geht es ihr auch beim Down Under-Festival am kommenden Wochenende (16. bis 18. September). Der australische Film ist in Europa kaum vertreten und auch das Wissen um die australische Kultur könnte vielerorts besser sein.  Und so besann sich die junge Australierin kurzerhand auf die Stärken des Films, denn Aufklärung funktioniert durch das Kino am besten. „Die Kultur meiner Heimat ist eigentlich die Kultur der Ureinwohner Australiens und diese gilt es sichtbar zu machen und der Welt zu zeigen, welche Probleme diese Kultur leider hat.

Sven S.

Down Under Berlin, 16. bis 18. September, Kino Moviemento, www.downunderberlin.de