Festivalbericht zum ersten International Comedy Film Festival

Ferienlager, PR-Manager und Geister


Gewinner des Divine Comedy Award: "The Legend of Beaver Dam"

Gewinner des Divine Comedy Award: "The Legend of Beaver Dam"

Ist nicht lustig – ist doch lustig. Der Diskurs über eine Komödie gleicht einem Fahrgeschäft, das an Stelle von Schwindelgefühl Besserwisserei hervorruft. Die Form dieses zirkulären Diskurses ist der Struktur einer klassischen Komödie dabei durchaus immanent. Immerhin gehören Running Gags und Wiederholungen zum dramaturgischen Inventar. Wenn es aber etwas gibt, was von einem solchen Fahrgeschäft planiert gehört, dann ist es die Acapella-Version eines Münchner Freiheit-Songs, die der geneigte Besucher, intoniert durch den Berliner Kneipenchor, zur offiziellen Eröffnung des International Comedy Filmfestivals genötigt war zu hören. In der Zwischenzeit versuchte man, das Ganze in den sehr bequemen Sesseln des Filmtheaters am Friedrichshain mit einem rosaroten Programmheft zu verdrängen. Auf einer der ersten Seite schlägt einem ein Zitat von Francis Ford Coppola entgegen: „But to use humor in the worst moments of life – that is something only adults can do.

Unbeklatscht trat der Chor von der Bühne und ein schlacksiger Herr mit Namen Johannes Nichelmann griff zum Mikrofon, um den Besucher mit einigen doch recht gespreizten Worten zu begrüßen. Anschließend wurde die Festival-Jury vorgestellt: die Filmproduzentin Pamela Cohn, der Chefredakteur von kino-zeit.de Joachim Kurz und ein gründlich durchgefe(t)teter Nilz Bokelberg. Die Festivaldirektorin Beatrice Behn kam noch auf die Bühne und präsentierte den „Divine Comedy Award“ (ein Hybrid aus der Oscar Statue und dem Abbild von Harris Glenn Milstead transsexullem Alter-Ego Divine). Anschließend folgte die Deutschlandpremiere von Hitoshi MatsumotosSaya Zamurai„.

Diverse Erfahrungen von Liebe spielen in der persönlichen Entwicklung in so fern eine Rolle, als das sie die Vorstellung von persönlicher Reife definieren und selbstredend auch den Umgang mit solcher: die in der Liebe engebetteten Verschmelzungsphantasien werden akzeptiert oder aber in den Bereich des Infantilen wenn nicht gar ins Pathologische verwiesen. Zwei dieser Vorstellungen sollen zum näheren Verstehen des Filmes kurz erläutert werden. Die Erste geht vom symbiotischen Erleben des Kindes aus, mit dem es mit seiner Mutter verwoben ist, um sich dann in einem längeren Loslösungs- und Individuationsprozess allmählich zu einer getrennten Existenz zu entwickeln. Die Zweite richtet sich an die Ausübung eines Berufes, denn neben Erfolgserwartung wird in der Profession psychologische Kompensation gesucht, als auch mit narzisstischer Gratifikation gerechnet. In der Berufswahl spielt nicht nur das neuorotische Leiden, sondern auch die intrapsychisch befestigte Lösung der Konflikte, der Charakter, der das Verhalten des Menschen zu seinen Hass- und Liebesobjekten regelt, eine wichtige Rolle.

Filmszene: "Saya Zamurai"

Filmszene: "Saya Zamurai"

Was ist aber nun, wenn dem Berufsausübendem sein wichtigstes Werkzeug genommen wurde und die Mutter des Kindes zu zeitig verstarb? Der Grundkonflikt in „Saya Zamurai“ ist gekennzeichnet durch zwei zerrüttete Familien. Auf der einen Seite ein auf symbolischer Ebene kastrierter Samurai mit seiner burschikosen Tochter und auf der anderen Seite ein absolutistischer Monarch, der seinen Sohn aus seiner Trauer herausreißen möchte. So macht der Monarch den Samurai zum Clown und gibt bei Androhung von Harakiri den Auftrag, den Sohn zum Lachen zu bringen. Der Samurai demütigt sich nun Abend für Abend in den absurdesten Vorstellungen, um dem Knaben wenigstens ein Verzerren der Mundwinkel abzuringen. Besonders interessant ist dabei die Sequenz, in der der Zuschauer nur die Vorbereitung der einzelnen Nummern erlebt, die eigentliche Durchführung und deren Scheitern allerdings nur durch das Gebelle des Schiedsrichters (toll gespielt von Masatō Ibu) verfolgt, denn als Bild wird stets die Palastmauer geboten. Die feinen Nuancen im Brüllen als Indikator für das Scheitern des Samurai Kanjuro Nomi sind als Pointe hervorragend eingesetzt. An Sadismus wird hier freilich nicht gespart. So soll Kanjuro einmal durch einen brennenden Reifen springen und natürlich regnet es am Tag der Aufführung. So einfach wie wirkungsvoll. Der Film braucht eine gute halbe Stunde, um in Fahrt zu kommen, überzeugt dann mit 50 Minuten brachialem Slapstick und ergibt sich in den letzten 20 Minuten bedauerlicherweise dem Pathos.

1 2 3