Interview mit Schauspieler Justus von Dohnányi

Aus Hamlet wird Omelett


Elektroingenieur Joachim (Justus von Dohnányi) kauft ein Handy. Seine Nummer scheint zweimal vergeben, und so erhält er Anrufe, die einem anderen gelten., Foto: Martin Menke/NFP/Little Shark Entertainment

Elektroingenieur Joachim (Justus von Dohnányi) kauft ein Handy. Seine Nummer scheint zweimal vergeben, und so erhält er Anrufe, die einem anderen gelten. Foto: Martin Menke/NFP/Little Shark Entertainment

Seit Ende der 1990er Jahre ist Schauspieler Justus von Dohnányi sehr erfolgreich für Film und Fernsehen tätig. 2006 führte er in „Bis zum Ellenbogen“ erstmals Regie. In der Isabel Kleefeld-Verfilmung von Daniel Kehlmanns Bestseller „Ruhm“ spielt er Joachim Ebeling, einen Elektroingenieur, der durch eine fälschlich vergebene Handynummer eine Geschichte ins Rollen bringt, in der allmählich die Grenzen zwischen Realität und Virtualität unserer modernen Welt verwischen. Im Gespräch erklärt von Dohnányi, wie er sich seiner Rolle und dem Film näherte, wie seine Tätigkeit als Regisseur die Wahrnehmung seiner Arbeit verändert und geht auf das Verhältnis klassischer Werke zu modernen Regisseuren im Theater ein.

Herr von Dohnányi, in der Verfilmung von Daniel Kehlmanns Bestseller „Ruhm“ spielen Sie einen Elektroingenieur. Würden Sie gerne in das Leben eines Elektrikers schlüpfen?

Nicht für immer. Mich würde es reizen, mal Mäuschen zu sein, wie man sagt. Aber ich glaube, es ist nicht meins. Obwohl ich früher als Hobby elektronisch gesteuerte Lampen bastelte.

Was glauben Sie zieht in „Ruhm“ den Elektriker an, der ja irgendwann der Star sein will oder wenigstens ein wenig von dessen Leben kosten will?

Dieser Mensch, der nicht groß auffällt, der ein organisiertes, strukturiertes Leben führt, erlebt durch dieses Handy, dass die Welt noch andere Facetten hat. Er entdeckt eine neue Welt. Anfangs ist das verstörend, später interessant und irgendwann eine Art Sucht. Er will tiefer in diese fremde Welt hineinschlüpfen und spürt sich selbst anders, weil es sein Leben interessanter macht.

Er geht sogar einen Schritt weiter, indem er eingreift und die Affäre des Stars in ein Restaurant bestellt. Glauben Sie, er ist versucht, sich neben sie zu setzen?
Er traut sich nicht, möchte aber weitergehen. Als sie das Restaurant verlässt, spricht er sie an, wird aber als Person nicht wahrgenommen. In seiner berauschten und entrückten Wahrnehmung seiner selbst hält er es für möglich, diese Frau anzusprechen.

Lässt sich dieser Schritt als Sehnsucht nach einem kurzen Moment des Ruhmes verstehen?
Weniger der Moment des Ansprechens und vielmehr die Tatsache, dass er diesem Drang überhaupt nachgibt. Das hat in der Tat mit Sehnsucht zu tun. Er wird verführbar von seiner Möglichkeit, das Leben eines anderen zu leben. Einem zweiten Ich nachzuspüren. Dieses: „Was wäre, wenn…“ ist das Spannende.

Es scheint, als entstünde Identität durch das, was einen umgibt…
Diese Person, an die er gerät, hat in irgendeiner Form etwas, das er nicht hat. Charisma, Macht oder so etwas. Leute, die ihn anrufen, haben an seinem Urteil oder seinem Wohlgefallen Interesse oder sind abhängig von ihm. Er erlebt etwas, das er nicht kennt, nämlich dass er Macht hat.

Wie definieren Sie Ruhm?
Im Film, wie auch in der Romanvorlage, steht der Titel für die Sehnsüchte der einzelnen Figuren. Da spielen Aspekte wie das Spiel mit den Möglichkeiten oder der Umgang mit den Medien natürlich eine Rolle. Der Begriff Ruhm fasst das alles zusammen.

Ihrer Figur widerfährt im Film etwas, was als Schauspieler alltäglich ist: Man schlüpft in andere Rollen. Wie selbstverständlich ist das?
Es ist vergleichbar mit jemandem, der über zwei Positionen hinweg in eine sehr machtvolle Position befördert wird. Das ist das Gefühl der Figur. Er schlüpft weniger in die Rolle hinein. Wichtiger ist das, was die Figur ausmacht: Die besondere Persönlichkeit.

1 2 3