7. Around the World in 14 Films

Erhabene und feinsinnige Leinwandepen


Hat man den Anspruch, im Kino fern vom Mainstreamgedusel zu sehen was die Welt bewegt und umtreibt, muss einem das Festival Around the World in 14 Films vorkommen wie vorgezogene Weihnachten. Festivaldirektor Bernhard Karl ist zurück und hat nicht nur mit dem Senator Film Verleih einen neuen Hauptsponsor an Bord, über den neben den anderen Unterstützern, Paten und Kooperatoren Bernhard Karl sehr glücklich ist, sondern auch wieder 14 Geschenke im Koffer. Filmschätze aus 14 Ländern der Welt, die er auf den wichtigsten Filmfestivals von Cannes bis Sundance gehoben hat und ab kommenden Freitag (30. 12.) im großen Saal des Kinos Babylon im Beisein von Filmpaten und Gästen auspackt. Genau genommen sind es 14 plus drei Filme, denn Eröffnungs- und Abschlussfilm und das „Spezial Deutschland“ gibt es oben drauf.

Mit dem Gespür für die leisen, unaufdringlichen und gleichwohl kraftvollen Filme, unter deren Oberfläche es infernal sieden kann, sucht und findet Karl ein ums andere Mal die erhabenen und feinsinnigen Leinwandepen. Die Filme entführen in andere Welten ganz ohne donnernde Effekte oder ausgestellte Emotionen und ausbuchstabierte Staffage. Unter der feinen Auslese finden sich 2012 nicht nur drei Oscaranwärter (Rumänien, Chile, Portugal) für den besten ausländischen Film, sondern auch der diesjährige Cannes Regiepreisgewinner Carlos Reygadas mit seinem neuen Film „Post Tenebras Lux„.

Schon 2008 feierte das 14-Films-Publikum mit Reygadas’ „Stellet Licht“ 142 Minuten bildgewaltigen Kinozauber. Auch sein aktueller Film ist etwas fürs Auge. Für „Post Tenebras Lux„, gedreht im 4:3 Stummfilmformat, „fotografiert er mit einer eigens erfundenen Optik, die vom Impressionismus inspiriert erscheint.“, so der Festivaldirektor. Bildgewaltig und märchenhaft zugleich ist auch Ben Zeitlins Debütfilm „Beasts of the Southern Wild“ (hier unsere Kritik), mit dem die Patin Sandra Nettelbeck am Freitag das Festival sicher fulminant eröffnet. In der Filmauswahl bietet eine Reihe von Helden dem Leben die Stirn, stellt sich der bestehenden Ordnung in den Weg. Nicht nur die kleine Hushpuppy aus „Beast of the Southern Wild“ widersteht scheinbar unbezähmbaren Naturgewalten und dem kompromisslosen Leben, auch im chilenischen Beitrag „No“ (Pablo Larraín) regt sich Widerstand. Die politische Opposition organisiert sich mit einer gewitzten und schrillen „No-Kampagne“ gegen den Diktator Pinochet, trotz aller vorauseilenden Siegesprognosen für den Diktator. Im senegalesischen Flüchtlingsdrama „La Pirogue“ nehmen es 30 Männer mit dem Atlantik auf. Dem Regisseur Moussa Touré gelingt dabei, so Bernhard Karl „ein packend realistisches Flüchtlingsdrama […], das mit großer Empathie eine politische Wunde aufzeigt.“ Und auch der dänische Beitrag, Mads Brüggers verstörende und provokante Dokumentation „The Ambassador„, dreht durch die drastische Offenlegung korrupter Tatsachen an den Stellschrauben bestehender Verhältnisse.

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