Rosa von Praunheim zum 70. Geburtstag im Kino Arsenal

Sonntag ist Praunheim-Tag


Rosa von Praunheim in "Der Froehliche Serienmörder"

Rosa von Praunheim in "Der Froehliche Serienmörder"

Das Schönste am Geburtstag sind die Geschenke. Und manchmal dürfen diese auch ein wenig üppiger ausfallen. Insbesondere dann, wenn es ein runder ist und man Rosa von Praunheim heißt. Das Arsenal schenkt dem Filmemacher zum 70. einen ganzen Tag. Dieses Wochenende, am 25. November, präsentiert das Kino sechs Filme und garniert die Torte mit einigen prominenten Gratulanten.

Als Eröffnungs-Formation treten an: Praunheims Portrait schwuler Subkultur im Berlin der frühen 70er Jahre „Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt“ (BRD 1971) und Wieland Speck. Anders als der Titel jedoch glauben macht, ist der Film weniger ein Rundumschlag gegen heterosexuelles Spießertum und Mief – vielmehr war es Praunheims Anliegen, das schwule Publikum direkt zu adressieren:  „Der Film war geprägt von Wut und Frust, die sich in meinem bisherigen schwulen Leben in Berlin aufgestaut hatten. Ich war davon überzeugt, dass wir nicht immer nur passiv auf die Nettigkeit der Gesellschaft warten könnten, damit sich für uns etwas zum Vorteil verändert. Unser Film sollte provozieren, Schwule und Hetis aus ihrer Ruhe und ins Gespräch bringen. Wir wollten auf keinen Fall einen Film, der die Schwulen glorifiziert oder bemitleidet. Uns war es wichtig, die beschissene Situation der Schwulen schonungslos aufzudecken.“

Neben der beschissenen Situation gibt es aber auch: Glamour, Musik, Fiktion und ordentlich Schminke, z.B. in „Stadt der verlorenen Seelen“ (BRD 1982). Hier bevölkern acht queere Showstars dieses immer wieder ins Surreale abgleitende Dokument, tänzelnd zwischen Realität und Utopie. Geburtstagsgast: Joaquin La Habana, der dreißig  Jahren später für Rosa von der Leinwand auf die Bühne hüpft. „Affengeil“ (D 1990) geht es weitet – der semidokumentarische Film erzählt von Lotti Hüber, einer vor Lebensmut strotzenden 77-jährige Sängerin, Tänzerin und Schauspielerin. Die „komische Alte mit dem Dutt“ wäre dieses Jahr 100 Jahre alt geworden – ein Grund mehr, den Sonntagnachmittag im Arsenal mit „Affengeil“ zu verbringen. Ein anderer heißt Tilly Creutzfeld-Jakob. Im Berliner O-TonArt-Theater gibt sie im Musical-Solo „Lotti! Die Zitrone kehrt zurück“ die Huber, am Sonntag die copine.

Ichgola Androgyn, wahlweise als Profi- oder Polit-Tunte bezeichnet, betreibt ein Café auf dem Schöneberger St.-Matthäus-Friedhof und präsentiert Film Nummer vier: „Ich bin meine eigene Frau“ (D 1992). Im Zentrum steht Charlotte von Mahlsdorf (1928-2001), geboren als Lothar von Berfelde. Der Titel „Ich bin meine eigne Frau“ bezieht sich auf ihren Grabstein – eine Wunschinschrift, die es nicht in den Granit geschafft hat. Stattdessen heißt es: „Lothar Berfelde, 1928 – 2002, genannt Charlotte von Mahlsdorf. Dem Museumsgründer zur Erinnerung.“ Na ja.

Die beiden Filme „Die Bettwurst“ (BRD 19971) und „Meine Mütter – Spurensuche in Riga“ (D 2007) rahmen Rosa von Praunheims Werk und beschließen das Arsenal-Geburtstagsfest. Während „Die Bettwurst“ zu den ersten Filmen des Regisseurs zählt und somit direkt auf den Anfang seines filmischen Schaffens verweist, dokumentiert „Meine Mütter“ eine intime Reise in die eigene Vergangenheit. Finale Gratulantin ist Elfi Mikesch, renommierte Kamerafrau und langjährige Wegbegleiterin Rosa von Praunheims. Ein gebührender Abschluss. Denn schöner als die Geschenke, ist dann vielleicht doch nur die Feier. Hipp Hipp…!

Carolin Weidner

Rosa von Praunheim zum 70. Geburtstag,  25. November, ab 12 Uhr in der Kantine der dffb im 9. Stock des Filmhauses (Kosten 10 €, Anmeldung unter 030-269 55 100), Filme im Kino Arsenal, Programm unter www.arsenal-berlin.de