„Explicit! Coming to Terms with Pornography“ in Potsdam

Reihenuntersuchung


Ausgestellte Kunst beim Pornfilmfestival 2010

Ausgestellte Kunst beim Pornfilmfestival 2010

Kürzlich entbrannte in einer sehr kleinen Berliner Bar ein mittelschwerer Disput. Das Thema: Sex. Sicher, ungewöhnlich ist dies nicht. Der Ausgang hingegen schon. Plötzlich wandte sich eine Partei demonstrativ ab. Und zwar mit folgendem Satz: „Wieso müssen wir da überhaupt drüber reden? Sprich halt mit deinem Typen über das, was du geil findest, aber geh mir nicht auf den Sack.“ So ungefähr war das. Ganz unrichtig ist das wohl nicht. Wenn auch ein wenig grob. Denn die Frage, ob wir diese Praxis ewig widerkäuen müssen, stellt sich gelegentlich tatsächlich. Mit der Zeit wird es wohl einfach etwas fad. Durchaus begrüßenswert also, dass sich einem Aspekt von Sexualität am 25. und 26. Januar in Potsdam von einer anderen Perspektive genähert wird: Mit „Explicit! Coming to Terms with Pornography. An International Conference.“ betritt Porno die akademische Bühne. Und Diskussionen sind nicht nur willkommen, sondern ausdrücklich erwünscht.

Einen Grund hierfür liefert Jan Distelmeyer, Professor im Studiengang Europäische Medienwissenschaften und einer der Mitverantwortlichen der Konferenz:  „In der deutschen Gesetzgebung gilt Pornografie noch immer als Verhandlungssache. Aber unsere Gesellschaft muss auch für sich selbst versuchen zu klären, was Pornografie eigentlich ist. Die Frage ist nur, mit welchen Instrumentarium sie das macht.“ Dem Schweigen ein Ende bereiten, über ein hilfreiches Vokabular diskutieren und Definitionen hinterfragen – das sind Aufgaben, denen sich „Explicit!“ im  Filmmuseum Potsdam sowie der FH Potsdam stellen will.

Als interdisziplinäres Projekt, durchgeführt von Studierenden und Lehrenden, wird die Thematik dabei von unterschiedlichen Standorten ausgeleuchtet. So stimmt das Pornfilmfestival am Eröffnungsabend mit einem Programm expliziter Kurzfilme auf die kommenden Vorträge ein und verspricht eindrückliche Einblicke. Anschließend laden Jürgen Brüning (Kurator, Filmproduzent), Sven Lewandowski (Soziologe) und Jan Soldat (Filmemacher) zur Podiumsdiskussion. Tags darauf geht es an die Substanz: Soziologen, Anthropologen, Künstler und Medienwissenschaftler sezieren den Gegenstand Pornografie aus ihrer jeweiligen Position und liefern Anstöße zum gemeinsamen Gespräch. Unverkrampft, sicherlich unerwartet, vor allem aber informativ. Wenn Redner aus Italien, Großbritannien, den Niederlanden, Spanien und Deutschland über ethische Schönheitsoperationen, Queer Porn, Alternative Porn und Netporn referieren, dann wird der Theatersaal der FH Potsdam zur Sperrzone des gemeinen Totschlagarguments. Und Vorfreude stellt sich besonders bei folgenden, wohlklingenden Ausführungen ein: „Brainy Sex, Or How I Got Lucky With Gay Porn“ (Sands Murray-Wassink), „Teenage Kicks – Young People’s Engagemants with Pornography“ (Clarissa Smith) oder „Navigating Bodies – User Interfaces of Pornographic Websites“ (Till Claassen). Na dann, let’s talk about…!

Carolin Weidner

„Explicit! Coming to Terms with Pornography. An International Conference.
25. (Eröffnung 18 Uhr), Filmmuseum Potsdam, Eintritt 6/3 Euro,  26. Januar (10 bis 13 Uhr sowie 14 bis 17 Uhr), Fachhochschule Potsdam, Theatersaal im Hauptgebäude, Campus Pappelallee, Eintritt frei