PorYes Award im Kino Hackesche Höfe

Sexueller Ausdruck


Filmszene: "I.K.U." von Shu Lea Cheang, Foto Rapid Eye Movies

Filmszene: "I.K.U." von Shu Lea Cheang, Foto Rapid Eye Movies

Der Mainstream-Porno ist ein Ödland, dessen Bildsprache sich in eindimensionaler Aneinanderreihung von Positionen erschöpft. Die Darstellung der Geschlechter ist nicht minder arm. Sie bestärkt nicht nur tradierte Rollenmodelle, sie übersteigert diese. Frauen sind passive Lustobjekten, die vornehmlichen der männlichen Perspektive und einem entsprechenden Selbstverständnis dienen. Männer sind tumbe, fleischbepackte Dildos ohne Sensibilität, subjektive Substanz und Geist. Der Mainstream-Porno erinnert an eine abstrakte Form von Sport, dem die Auseinandersetzung mit der Körperlichkeit abhanden gekommen ist.

Nun gibt es aber nicht nur den Mainstream, nicht nur Point-Of-View-Zehn-Minüter im Internet und Bumspuppen mit straffer Hautstruktur, gedehnt vom Silikoneinsatz. Das beweist alljährlich das Pornfilmfestival Berlin, das in diesem Jahr seine achte Ausgabe (23. bis 27. Oktober) begehen wird. Pornografie ist durchaus im Stande, Lust und Begierde im Zusammenhang mit kritischen Gender-Positionen wie auch künstlerischen Aspekten zu betrachten. Sie kann dokumentarisch wie künstlerisch sein – und ja, auch Spielfilmqualitäten besitzen. Und Porno kann etwas über menschliche Zustände aussagen, ohne dabei pedantisch auf soziale, psychische und physische Grenzen zu bauen oder zu verzichten.

Aus diesem Anlass wurde vor vier Jahren zum ersten Mal der PorYes-Award in Berlin verliehen. Die Initiatorinnen, darunter die Sexpertin und Kommunikationswissenschaftlerin Dr. Laura Méritt, wollen mit ihrem Award einen Kontrapunkt zur sexistischen Mainstream-Pornografie setzen. Ausgezeichnet werden Filme die „vielfältige sexuelle Ausdrucksweisen weiblicher Lust zeigen und in denen Frauen bei der Filmproduktion maßgeblich beteiligt sind.“, so die Organisatoren. Veranstaltet wird der Porno-Filmpreis von Sexclusivitäten, dem ersten frauenorientierten Sex-Shop in Kreuzberg, sowie dem Netzwerk Freudenfluss. Eine prominente Jury, besetzt u.a. mit der Bundesfilmpreisträgerin Prof. Ula Stöckl, verleiht als Preis die „Auster“, das Symbol von PorYes. Darunter ist der Teil der Frauenbewegung zu verstehen, der für eine positive Darstellung von Sexualität einsteht und klischeehafte, menschenverachtende Darstellungen ablehnt.

Unter den Nominierten findet sich in diesem Jahr Monika Treut, die mit Filmen wie „Die Jungfrauenmaschine“ und „Female misbehavior“ den Fokus auf weibliche Sexualität setzt. Der Filmemacher Joseph Kramer gilt als Koryphäe einer ganzheitlichen männlichen Sexualität, die Schweizer Künstlerin Cleo Uebelmann schuf mit ihrem Film „Mano Destra“ bereits in den 1980ern einen streng komponierten Kunstfilm in schwarz-weiß, der heute als Dokument der SM-Bewegung gilt. Shu Lea Cheang war mit „I.K.U.“ die erste Künstlerin, die mit einem Porno auf dem Sundance Festival vertreten war.

Martin Daßinnies

PorYes-Award Preisverleihung (inklusive Publikumspreis, Performance und Party), 19. Oktober, Kino Hackesche Höfe, Sophienclub, 20. Oktober Podiumsdiskussion zum Thema “Sex-positiver Feminismus”, Kino Hackesche Höfe, poryes.de