Zurückgespult #9: Filmerbe in Gefahr

Was kümmern uns die Filmrollen von gestern?


Naja, ist ja auch nicht so dringend. Der Jahresetat für das Bundesarchiv beträgt auch nur schlappe 2 Millionen, nichts Halbes und nichts Ganzes also. Übrigens: In Frankreich wurden für einen Zeitraum von sechs Jahren 400 Millionen Euro in den Erhalt des Filmerbes investiert. „Um den drohenden Untergang unserer Bestände abzuwenden, werden bis zum Ende dieses Jahrzehnts Investitionen von etwa 500 Millionen Euro benötigt“, heißt es nun in einem Papier Filmhistoriker Helmut Herbst und weiteren Filmwissenschaftlern, Regisseuren und Publizisten, die auch eine Petition für die neue Staatsministerin für Kultur und Medien Monika Grütters mit der Forderung zur Digitalisierung der gefährdeten Filmbestände verfasst hat.

http://www.change.org/de/Petitionen/unser-filmerbe-ist-in-gefahr?

Während für die Filme aus dem Bundearchiv mehr oder weniger halbherzig von Seiten des Bundes nach einer Lösung gesucht wird, ist es für die DEFA Stiftung zumindest für das Jahr 2014 bereits zu spät. Das erklärte der Ziel der Stiftung ist es, erstens das DEFA-Erbe zu erhalten und zu verbreiten und zweitens Filmschaffende, Publizisten, Wissenschaftler und andere Menschen zu unterstützen, die sich in irgendeiner Weise mit dem DEFA-Erbe befassen. Ihr Geld bezieht die DEFA unter anderem aus dem Vertrieb und der Zweitverwertung der bereits digitalisierten DEFA-Filme. Letztere Einnahmequelle ist nun der Grund, warum der Stiftung das Geld ausgegangen ist: Denn seit die Geräteindustrie Fernseher, Tablets und DVD-Recorder anbietet, auf denen Filme aus dem Fernsehen mitgeschnitten und kopiert werden können, verpflichtet sie sich gegenüber der Verwertungsgesellschaft Film (VGF) zu einer Abgabe. Die VGF reicht das Geld dann an die DEFA weiter.

Das Problem: Das Geld kommt nicht an. Weil nämlich die Geräteindustrie das Geld teilweise zurückstellt, das heißt, zwar theoretisch zahlt, es aber praktisch nicht sofort ankommt. Mit ihrem schrumpfenden Etat muss die DEFA sich nun auf ihr Kerngeschäft besinnen: Die weitere Digitalisierung der des eigenen Filmstocks. Denn auch dort, wie im Bundesarchiv, tickt die Uhr: Die 35 mm-Kopien sind nicht unbegrenzt haltbar und müssen dringend ins digitale Zeitalter überführt werden, für Stipendien und Fördergelder von neuen Projekten ist das Geld nun gestrichen worden. Irgendwas stimmt also hinten unten vorne nicht: Vorne sind die großen Kinoketten nicht mehr bereit, sich an der Förderung deutscher Filme zu beteiligen, die ohne Label „Schweighöfer/Schweiger“ auf den Markt kommen.

Und hinten vergammeln alte Filmrollen aus den vergangenen fünfzig Jahren deutscher Filmgeschichte, Filmemacher, die sich heute mit dem Filmerbe der DEFA beschäftigen bekommen erst recht kein Geld mehr. Was bleibt in der Mitte? Die richtigen Antworten bitte bis zum Jahresende an die Produzenten von „Fack Ju Göhte“ schicken.

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