BFF On The Road: Tagebuch zur 71. La Biennale Di Venezia

Der Venedig-Blog 2014


Tag 5: Fatih Akin schickt „The Cut“ ins Rennen um den Goldenen Löwen

„Ey Mann, ich komm vom Hip Hop“, erklärt Fatih Akin auf die Frage, ob er mit der Entscheidung, seinen Film in Englisch zu produzieren nicht riskiere, der Erzählung seine Echtheit zu nehmen. Es sei kein Marketinggrund gewesen. Als einer, der mit Hip Hop groß geworden ist, habe er gelernt, sich nicht zu verkaufen und außerdem sei er zuerst ein Künstler. Und als solcher habe er die Kontrolle über die Dialoge sicherzustellen. Und zweitens habe er unbedingt mit Tahar Rahim arbeiten wollen (Hier die PK).

"The Cut" von Regisseur Fatih Akin wird beim 1. Potsdam International Film Festival zu sehen sein. © Vanessa Maas / bombero international

„The Cut“ von Regisseur Fatih Akin wird beim 1. Potsdam International Film Festival zu sehen sein. © Vanessa Maas / bombero international

Mit Spannung wurde Fatih Akins „The Cut“ in Venedig erwartet, der als einziger deutscher Beitrag – in Konkurrenz zu allein vier französischen und vier italienischen Produktionen – im Wettbewerb steht. Der Film erzählt vom Genozid am armenischen Volk während des Ersten Weltkrieges, ein Verbrechen, das bis heute von der Türkei totgeschwiegen wird und historisch noch lange nicht aufgearbeitet ist. Ein politisch ambitioniertes Projekt also, das allein schon deshalb die Erwartungen hoch hielt. Doch die wurden weitestgehend enttäuscht. Künstlerisch ist der Film, wegen seiner flachen und kitschig-triefigen Umsetzung eher eine mittelschwere Katastrophe. Das Traurigste an dem Film ist wohl, dass Akin das Potential der Geschichte an eine aufwendige Produktion – „The Cut“ zählt zu den aufwendigsten und teuersten Arbeiten, die der 41-jährige bisher produziert hat – verschenkt. 15 Millionen Euro kostete die Produktion, die auf 35 Millimeter in Cinemascope in fünf Ländern gedreht wurde. Vielleicht hätte eine Low Budget Produktion geholfen, den Fokus zu behalten. Andererseits zählte Fatih Akin aber auch noch nie zu den großen Erzählern auf der Leinwand. Allein die Tatsache, dass dieser Film überhaupt erst das Tabuthema auf die große Leinwand bringt, wird dem Film aber dennoch Zuschauerzahlen bescheren und ihn im Gespräch halten.

Weiterlesen: Die ausführliche Kritik „Verfranzt zu Fatih Akins „The Cut“ von SuT.

Und nicht zuletzt sorgen die im Vorfeld kursierenden Gerüchte und Nachrichten um Film, Story und Filmemacher für die restliche Aufmerksamkeit. Anfang August berichtete die Neue Züricher Zeitung, dass der Regisseur von der ultrarechten Turkish Turan Association angefeindet wird und viel Wirbel gab es ebenso als Akin seinen Film in Cannes vier Tage vor Programmveröffentlichung zurückzog, aus persönlichen Gründen, wie er bekannt gab. Nach dem konkreten Hintergrund erneut in der Pressekonferenz in Venedig befragt, verweigert Akin die Aussage und verweist lediglich auf sein New York Times Interview, in dem er ebenfalls vage bleibt. Gerüchte behaupten, Cannes hätte den Film im Gegensatz zu Venedig nicht in den Wettbewerb nehmen wollen. Doch darüber lässt sich auch an dieser Stelle nur spekulieren. Fatih Akins „The Cut“ ist ein gutes Beispiel dafür, dass es hin und wieder Deko braucht, um einen Film zum Erfolg zu führen. Die Qualität ist nicht zwingend erstrangig, solange die Pressearbeit stimmt.

SuT

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