Interview mit Kenneth Anders zur 11. Provinziale in Eberswalde

Kultur trägt zur Bildung einer Zivilgesellschaft bei


Festivalleiter des Filmfest Eberswalde: Kenneth Anders.

Festivalleiter des Filmfest Eberswalde: Kenneth Anders.

Das Filmfest Eberswalde begeht von 4. bis 11. Oktober 2014 seine elfte Ausgabe. Längst hat sich das Filmfest, das sich selbst auch als „Provinziale“ bezeichnet, dank seines sorgfältig kuratierten Programms fest im Festival Kalender etabliert. Vor Beginn des Filmfestivals haben wir uns mit Festivalleiter Kenneth Anders über das diesjährige Programm, die Bedeutung des Festivals für Eberswalde und die Provinz als Schwerpunkt unterhalten.

Eröffnet wird das 11. Filmfest Eberswalde mit der Doku „Man With Balls“ aus Ungarn. Worauf dürfen sich die Festival-Besucher freuen?
Kenneth Anders:
Auf den ersten Blick wirkt die Geschichte dieses Films grotesk: Ein ungarisches Roma-Dorf, in dem fast alle Bewohner arbeitslos sind, bekommt einen Tennisplatz – ausgerechnet der Sport der Reichen soll den Leuten hier einen Ausweg aus ihrer Misere bieten! Bald merkt man aber, dass mehr dahinter steckt – vor allem ein Bürgermeister, der versucht, sein Dorf neu zu ordnen. Da merkt man bald, dass es auch bei uns ähnliche Probleme gibt, sobald man versucht, soziale Spielregeln zu verändern. Übrigens kommen der Bürgermeister (der inzwischen keiner mehr ist) und seine Frau zur Eröffnung – darauf freuen wir uns besonders.

Ihr zeigt mit „Mittsommernachtstango“ und „Sauacker“ zwei Provinzfilme, die sogar den Weg auf (einige) bundesweite Leinwände geschafft haben. Was zeichnet diese Werke aus?
Das sind zwei sehr unterschiedliche Filme. „Mittsommernachtstango“ geht entlang einer pfiffigen Dramaturgie der Frage nach, was Land und Leute mit Musik zu tun haben. Da wir sowohl in Argentinien als auch in Finnland Traditionen des Tango haben, kann man hier viel darüber herausfinden. „Sauacker“ dagegen stellt die Frage nach der Existenz: ein schwäbischer Bauer und sein Sohn ringen um ihren gemeinsamen Bauernhof. Hier werden wir hinterher im Filmgespräch mit dem Regisseur Tobias Müller, mit dem Landwirt Wolf-Peter Huth aus dem Oderbruch sowie mit dem Eberswalder Handwerksbäcker Björn Wiese der Frage nachgehen, welche Chancen kleine Produzenten unter den heutigen Bedingungen haben.

Dazu kommt mit „Stop The Pounding Heart“ ein wahrer Festivalabräumer. Was erzählen die Filme über eure Programmauswahl?
Zwei Fragen, beschäftigen uns am meisten. Erstens: Ist das Verhältnis zu den Protagonisten in Ordnung? Also, werden sie ernst genommen in ihrem Ringen um ein gelingendes Leben, unterstützt sie der Film vielleicht sogar darin? Und zweitens: Kann man über die Filme gut reden, werfen sie Fragen auf, stellen sie uns in Widersprüche, auf die wir keine schnelle Antwort haben? Wenn diese beiden Dinge zusammen kommen, dann haben wir erst mal Lust darauf, sie in die engere Wahl zu ziehen.

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