Halbzeit bei den 65. Internationalen Filmfestspielen Berlin

Herzlose 65. Berlinale: Die Tragödie(n) der Liebenden


Ein Film in einem Take! "Victoria" begeistert dank seiner starken Darsteller Frederick Lau und Laia Costa. © Senator Film Verleih

Ein Film in einem Take! „Victoria“ begeistert dank seiner starken Darsteller Frederick Lau und Laia Costa. © Senator Film Verleih

Nein, Festivalkino steht nicht im Verdacht, pastellfarbenen Happy Enden allzu sehr zugewandt zu sein, doch zur Halbzeit der Berlinale 2015 droht die ultimative Tragödie – die Liebenden leiden.

Protagonistinnen des Eröffnungsfilm der Berlinale 2015: Juliette Binoche und Rinko Kikuchi in "Nobody Wants the Night" von Regisseurin Isabel Coixet. © Leandro Betancor

Protagonistinnen des Eröffnungsfilm der Berlinale 2015: Juliette Binoche und Rinko Kikuchi in „Nobody Wants the Night“ von Regisseurin Isabel Coixet. © Leandro Betancor

Einen Vorgeschmack, auf das was kommen musste, lieferte der Eröffnungsfilm. Isabel Coixet pferchte in „Nobody Wants The Night“ mit Ehefrau Juliette Binoche und der deutlich jüngeren Inuit-Geliebten Allaka gleich zwei Konkurrentinnen um Polarforscher Robert Peary in ein winziges Iglu.
Christian Bale fliegen in „Knight Of Cups“ mit Natalie Portman, Freida Pinto und Cate Blanchett die schönsten Frauenherzen gleich reihenweise zu, doch testet er sie nur wie Geschmacksrichtungen und verharrt einsam im Luxus. Den sind auch Künstler Tochter Catherine (Elisabeth Moss) und ihre beste Freundin, die Vollzeit-Tochter Virginia (Katherine Waterston) in „Queen Of Earth“ (von Alex Ross Perry) gewohnt, aber nachdem Catherine ihren Freund verlassen hat, gerät selbst der Ausflug ins malerische Haus am See zur Dauer-Neurose.
Nach „45 Years“ der Ehe haben Kate (Charlotte Rampling) und ihr Mann Geoff (Tom Courtenay) das längst hinter sich gelassen, doch auch sie dürfen keinen Frieden finden, weil Kate ob ihre seit Jahrzehnten verschollenen Vorgängerin und wieder aus dem ewigen Eis aufgetauten Vorgängerin hadert.

"Hedi Schneider steckt fest" von Regisseurin Sonja Heiss feiert seine Weltpremiere im Berlinale Forum. © Komplizen Film / Pandora Film 2015

„Hedi Schneider steckt fest“ von Regisseurin Sonja Heiss feiert seine Weltpremiere im Berlinale Forum. © Komplizen Film / Pandora Film 2015

Selbst das junge Glück von Sonne und Victoria währt in dem nach der jungen Spanierin benannten Berlin-Film Schippers nur kurz – aber die hatten ja auch nur einen Take Zeit… Ganz im Gegensatz zu Wüstenkönigin Nicole Kidman, die gleich zwei unvollendete große Lieben in Werner Herzogs zähen Stunden verschmerzen muss oder Kammerzofe Lea Seydoux, deren Jüngling beim Liebespiel an seiner Krankheit zugrunde geht und die wohl als Prostituierte in einer Hafenspelunke an der Seite ihres alten Mörder-Mannes und Luden auf desen Tod warten muss.

Weiterlesen: Die Kritik „Vom Glücklich sein… und glücklich bleiben“ von Denis Demmerle zu „Hedi Schneider steckt fest“.

Wenigstens einen Funken Hoffnung verspricht Laura Tonkes „Hedi Schneider„, die zwar erst fest steckt, aber trotz all der Nöte mit „ihrem“ Uli die Flucht wagt, obgleich der schon fast zur hübschen Rothaarigen gewechselt wäre. Die beiden fangen klein an und streben erstmal einen einzigen glücklichen Tag an. Viel Glück!

Denis Demmerle