Interview mit Regisseurin Ava DuVernay zu Oscar-Kandidat „Selma“

"Selma"-Regisseurin Ava DuVernay: "Ich hasse historische Dramen"


"Selma"-Regisseurin Ava DuVernay mit ihrem Hauptdarsteller David Oyelowo. Foto: Atsushi Nishijima © Studiocanal

„Selma“-Regisseurin Ava DuVernay mit ihrem Hauptdarsteller David Oyelowo. Foto: Atsushi Nishijima © Studiocanal


Mit dem gefeierten „Selma“ verantwortet Regisseurin Ava DuVernay den ersten Film, in dessen Zentrum die amerikanische Bürgerrechts-Ikone Dr. Martin Luther King steht. Im Interview erklärt DuVernay, wo die Schwierigkeiten lagen, beschreibt ihre Abneigung gegen historische Dramen und spricht über Rassismus und Ausgrenzung im Film-Geschäft.

Wieso entstand „Selma“ gerade jetzt?
Ava DuVernay:
Es sind mittlerweile 50 Jahre seit dem Marsch vergangen und es gab nie einen Film mit Dr. King im Zentrum. Das war überfällig. Dieser Film entstand über sieben Jahre und ich bin die siebte Regisseurin, die am Stoff arbeitet.

Was war so kompliziert?
Die anderen Regisseure hatten Probleme damit, die Geschichte mit dem vorgesehenen Budget umzusetzen. Stephen Frears, Michael Mann, Spike Lee – das sind alles große Regisseure, aber sie drehen Filme mit fetten Budgets. Mein letzter Film hat 200.000 Dollar gekostet. Dafür kannst du dir nicht mal ein Haus in Los Angeles kaufen. Ich kam zum Projekt, schrieb das Buch um und musste mit 20 Millionen Dollar auskommen.

Weiterlesen: Unsere Kritik „Im Zenit der Macht“ zu „Selma

Sie wählten nur einen Moment aus Martin Luther Kings Leben aus…
Kings Leben ist episch, das lässt sich nicht in einer Filmlänge erzählen. Steven Spielberg könnte das vielleicht. Wenn einer das kann, dann er. Ich bin nicht Steven Spielberg. Ich musste mich auf einen sehr bedeutenden Moment in seinem Leben konzentrieren, der gleichzeitig seine ganze Größe beleuchtet. Diese Selma-Geschichte kennen nicht viele Menschen, aber zu der Zeit steht er im Zenit seiner Macht. Wir zeigen King nicht bei seinem Aufstieg, sondern als Anführer, der Entscheidungen trifft, die für die ganze Nation wichtig waren. Er hatte schon den Nobelpreis gewonnen und seine „I have a dream“-Rede gehalten, wir zeigen, was danach passierte. Er zog sich nicht zurück, schrieb keine Bücher oder trat als Intellektueller auf. Nein, er ging nach Selma und machte sich noch einmal die Hände schmutzig.

Welche Rolle spielt die Herkunft Ihrer Familie für den Film?
Das war mein Ausgangspunkt für den Film. Alabama ist ein großer Staat, aber in Dallas County liegt auf einer Seite Selma und auf der anderen Montgomery. Mein Vater hat diesen Marsch gesehen als er elf Jahre alt war. Der ist Teil meiner Familiengeschichte.

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