Udo Kier ist der Preisträger des Special Teddy Award 2015

Teddy-Preisträger Kier: "Es macht viel mehr Spass, die Bösen zu spielen"



Kier hat in der Wahl seiner Rollen stets auch Mut bewiesen. Bösewichte zu verkörpern, mache ihm besonders viel Spass. So wurde er auch mehrfach in Rainer Werner Fassbinders Filmen eingesetzt. Den Regisseur kannte Kier aus den Jahren, die Fassbinder als Jugendlicher in Köln verbrachte, ihm verdankt er durch seine Mitwirkung zum Beispiel in „Lili Marleen“ (1980) und „Lola“ (1981) auch den Durchbruch beim deutschen Publikum. Die Zusammenarbeit mit Christoph Schlingensief bildet einen weiteren Meilenstein in Kiers Karriere. In „Egomania – Insel ohne Hoffnung“ (1986), „100 Jahre Adolf Hitler“ (1989) und „Das deutsche Kettensägenmassaker“ (1990) konnte er seine offensichtliche Neigung zum Trash ausleben. Kiers Mut zum Hässlichen, Lächerlichen oder Unangenehmen kommt unter anderem in den zahlreichen erotischen, teils pornografischen, Filmen mit Horrorfaktor zur Geltung wie in „Spermula“ (1976), „Suspira“ (1977) und jüngst in Lars von Triers „Nymph()maniac“ (2013, 2014).

Weiterlesen: Unsere Kritik zu Lars von Triers „Nymp()maniac Vol. 1 und zu Nymph()maniac Vol. 2

In Hollywood, wo er hauptsächlich wohnt, hat Kier seit seiner Mitwirkung in Gus van Sants „My Private Idaho“ (1991) an der Seite von River Phoenix und Keanu Reeves Starstatus. Er hat mit allen möglichen US-amerikanischen Filmstars von Tilda Swinton, Mel Gibson, Nicole Kidman, Uma Thurman bis Madonna, um nur einige zu nennen, gedreht. Seine Filmografie zählt über 200 Titel. Selbst räumt er ein: „100 davon sind schlecht, 50 o.k. und 50 gut.“ Zu letzteren gehört zweifelsfrei das leider zu wenig beachtete Melodrama um homosexuelle Jugendliche „House of Boys“ (2009) des luxemburgischen Regisseurs Jean-Claude Schlim. Seine Darstellung der transsexuellen Puffmutter ist sowohl unterhaltsam als auch anrührend. Einen „Fummel“ anzuziehen ist für den Schauspieler nichts Neues. Einer der Hauptgründe, wieso er so gerne Messdiener und Chorjunge in der katholischen Kirche war, sei das Tragen der dafür vorgesehenen farbigen Roben gewesen.

Eine besondere Freundschaft verbindet Kier mit dem Regisseur Lars von Trier, er ist der Patenonkel von dessen ältester Tochter. Mit dem „enfant terrible“ des dänischen Kinos hat Kier, neben den beiden erwähnten aktuellen „Nymph()maniac„-Streifen, bereits seit 1987 mit „Epidemic“ in fast jedem der darauffolgenden Filmen mitgespielt wie in „Medea“ (1988), „Europa“ (1991), „Dancer in the Dark“ (2000), „Dogville“ (2003), „Melancholia“ (2011). Ein Ende dieser Zusammenarbeit ist bisher nicht in Sicht. Dass Kier zudem bei Kennern und Künstlern sehr geschätzt ist, soll der letztjährige Film „Arteholic“ thematisieren, der Kier als Kunstsammler vorstellt. An der diesjährigen Berlinale ist er im Film „The Forbidden Room“ von Guy Maddin zu sehen. Viel Wert legt der Schauspieler darauf, dass all diese Verbindungen zu namhaften Persönlichkeiten das Produkt von zahlreichen günstigen Fügungen sind: „Ich habe wahnsinnig viel Glück gehabt.“

Kier ist im Gespräch selbstbewusst, eloquent und nicht unbedingt bescheiden, doch wirkt seine Art insgesamt sympathisch. Seine Homosexualität ist bekannt, auch dass er einen Freund hat. Kier findet aber, dass dies eigentlich selten ein Thema sei. Die Leute würden sich nicht fragen, ob er jetzt einen homosexuellen oder einen heterosexuellen Kellner spiele, er spiele ihn einfach. Es ist unter anderem dieser „natürliche“ Umgang mit der eigenen sexuellen Identität, der Kier bewunderswert macht – und nicht nur für das „queere“ Publikum.

Teresa Vena

Alle Teddy Preisträger der 65. Berlinale…

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