Der Vormarsch der kleineren Filmfestivals


Go_shortEiner groben Schätzung zufolge finden jährlich rund 1000 bis 2000 Filmfestivals weltweit statt, die diesen Namen verdienen. Dieses seit den 1930er Jahren existierende Veranstaltungsformat gehört längst zur etablierten kulturellen Praxis. Der ursprüngliche Gedanke, weshalb Filmfestivals überhaupt sinnvoll und wünschenswert sind, war immer, dass vorab gezeigt wird, was noch niemand gesehen hat und was noch in keinem Kino läuft. Doch ist dieser Exklusivität in Zeiten von Online-Streaming und illegalen Downloads überhaupt noch beizukommen? Das Beispiel der kürzlich verliehenen Oscars verdeutlicht die Ausmaße: Bereits drei Wochen vor der Verleihung waren von 36 nominierten Filmen 34 im Netz zu finden. Bröckelt da nicht die Daseinsberechtigung der großen Festivals in Berlin, Cannes und Venedig, wenn eigentlich nichts Neues mehr auf die Leinwand gebracht werden kann?

Kleinere Festivals können noch mit unbekannten Filmen aufwarten

In gewisser Weise rückt dies aber kleinere Festivals in ein besseres Licht, da deren Produktionen häufig selbst nach der Preisverleihung nicht oder nur schwer online zu finden sind. Dazu gehören vor allem nationale Filmfestivals, wie etwa in Berlin die französische Filmwoche (Dezember), das Arab Filmfestival (8. bis 15.4.2015) oder das Jüdische Filmfestival Berlin und Potsdam (31.5. bis 10.6.2015).

Europäische Independent Filmfestivals

Diese Indie-Filmfestivals sind mittlerweile keine Seltenheit mehr, da sie der ursprünglichen raison d’être noch am nächsten kommen. Neben den großen Preisverleihungen wie dem Sundance Festival und Cannes gibt es eine Vielzahl an kleineren Formaten, die dem Gezeigten oft angemessener sind und sich daher zunehmender Beliebtheit erfreuen. Quer über Europa verstreut gibt es auch 2015 wieder äußerst vielversprechende Festivals, wie etwa das spanische Festival Internacional de Cine de Gijón, das Aarhus Independent Pixels in Dänemark, das Docville im belgischen Leuven oder das italienische RIFF in Rom, die jeweils zwischen 100 und 200 Filme zeigen. Noch spezialisierter sind etwa das französische Festival International du Film Policier in Beaune, das nur Thriller auszeichnet, oder das britische London LGBT Film Festival BFI Flare, das dieses Jahr bereits zum 29. Mal die wichtigsten schwul-lesbischen Filme prämiert.