Finale der 23. ContraVision: Hauptpreis an Berliner Animationsfilm „Road Trip“

Festivalbericht von der 23. ContraVision: Kurioses aus aller Welt


23ContraVision

Das 23. Internationale Filmfestival ContraVision stemmte sich bei seinem Finale am Samstag, den 28. März sämtlichen Widrigkeiten erfolgreich entgegen. Um 19:30 Uhr, kurz vor Beginn des Höhepunktes am letzten Festivaltag, fiel der Strom im ganzen Kiez um den Rosenthaler Platz herum aus und tauchte das Kino Central vorübergehend in Dunkelheit. Erst zehn Minuten vor Vorstellungsbeginn gingen die Lichter jedoch wieder an. Die Zuschauer konnten sich zurücklehnen und einen massiven Kurzfilm-Marathon genießen.
Gezeigt wurden 18 Beiträge, die sich an den acht vorangegangenen Festivaltagen für die Preisverleihung der ContraVision Awards qualifiziert hatten. Vertreten waren vielfältige Werke aus Deutschland, Kurdistan, Spanien, Polen und Russland, die das Publikum in dem bis auf den Gang voll besetzten Kinosaal zum gemeinsamen lachen, gruseln und nachdenken anregten.

Demokratie pur: Wahlberechtigung gegen Gebühr

Die Partizipation der Zuschauer zeichnet seit Jahren das Festival aus. Nicht umsonst bezeichnet sich das ContraVision Festival selbst augenzwinkernd als das demokratischste Filmfestival der Welt. Im Anschluss an die insgesamt fast fünfstündige Vorstellung konnte jeder Gast, der seine Wahlberechtigung gegen Entrichtung der Wahlgebühr am Eingang des Wahllokals käuflich erworben hatte, seine drei persönlichen Favoriten auf einem Stimmzettel auswählen.

Road Trip“ gewinnt Hauptpreis

Mit einstimmiger Mehrheit ging der Hauptpreis der diesjährigen ContraVision Awards an den außergewöhnlichen Animationsfilm „Road Trip“ des Berliner Illustrators und Filmemachers Xaver Xylophon. In atmosphärischen und melancholischen handgezeichneten Bildern schildert er die Existenzfindungsversuche des schlaflosen Protagonisten Julius in der deutschen Landeshauptstadt. Umgeben von kuriosen Gestalten versucht dieser mit einem alten Motorrad eine Reise zu beginnen, wobei es ihm aufgrund verschiedener Ereignisse einfach nicht gelingen will, die Stadtgrenze zu überwinden. Herausstechend ist dabei vor allem der besondere Animationsstil, der die rauen und faserigen Stiftzeichnungen in Bewegung versetzt und dadurch eine passende Umgebung für die existentialistische Geschichte erzeugt.

Ein Schwerpunkt von ContraVision lag in diesem Jahr vor allem auf der autonomen Region Kurdistan. Einer der Festivaltage war ganz auf filmische Werke aus diesem Kulturkreis ausgerichtet. Bemerkenswert, denn in Kurdistan existiert keine Filmindustrie im herkömmlichen Sinne. Der kurdische Beitrag „Microphone“ des Regisseurs Kareemok gewann im Wettbewerb den zweiten Platz. Darin entwendet ein kleiner Junge auf unbedarfte wie freche Weise das Funk-Mikrophon der lokalen Moschee und verbreitet über dessen Lautsprecheranlage seine eigenen improvisierten Lieder, Gesänge und Kinderreime. Seine Mutter versucht verzweifelt, seiner habhaft zu werden, um ihn davon abzuhalten. Am Rande der Geschehnisse signalisiert sie einem Imam ihre zärtliche Zuneigung, indem sie ihr Halstuch für ihn an der Pforte hinterlegt. Bedeutende Teile der Handlung spielen sich dabei vor allem im Verborgenen ab und werden nicht weiter erläutert. Hierdurch eröffnet der Film verspielte Einblicke in eine Lebenswelt, die in innere Widersprüche zwischen den traditionellen Werten und einer modernen Lebensvorstellungen verstrickt ist.

1 2