Berliner Fenster-Tagebuch zur Berlinale 2016

Berlinale-Tagebuch aus dem Untergrund


Berlinale_2016_Poster
Valentinstag
Große Gefühle am Valentinstag in den Berlinale-Kinos: Liebesbriefe aus Kriegszeiten (in „Letters from War„), 17-Jährige, die ihre Liebe mit Fäusten bekämpfen (in „Being 17„) und ein Paar, das mit seinem Schicksal ringt: „24 Wochen“ ist der einzige deutsche Beitrag im Wettbewerb und schielt in Richtung der Bären. Anne Zohra Berracheds Abschlussfilm geht unter die Haut und zeigt, welche moralischen Gefühlsbeben die Pränataldiagnostik auslösen kann. Die Regisseurin bricht mit Tabus und glänzt mit einem fantastischen Drehbuch und herausragenden Cast aus Julia Jentsch und Bjarne Maedel.

Film und Politik aus Bosnien
Mit „Aus dem Leben eines Schrottsammlers“ gewann Danis Tanovic 2013 den Großen Preis der Jury. Mit „Death in Sarajevo“ kehrt er nun zur Berlinale zurück. Darin beschreibt er das Psychogramm einer zerrissenen Gesellschaft, in der die Vergangenheit das Heute überschattet und die Zukunft vernebelt. Die bis heute schwelenden Konflikte des 20. Jahrhunderts begegnen sich in Sarajevos legendärem „Hotel Europa“. Über 100 Jahre nachdem dort der 1. Weltkrieg ausgelöst wurde, nimmt das Land Europa in den Fokus. Zeitgleich mit der Filmpremiere meldete Bosnien-Herzegowina seinen EU-Beitritt an.

Die Berlinale-Jury zeichnetet Majd Mastoura für seine Darstellung mit dem Silbernen Bären aus. Foto: Frederic Noirhomme © NOMADIS IMAGES-LES FILMS DU FLEUVE–TANIT FILMS

Die Berlinale-Jury zeichnetet Majd Mastoura für seine Darstellung mit dem Silbernen Bären aus. Foto: Frederic Noirhomme © NOMADIS IMAGES-LES FILMS DU FLEUVE–TANIT FILMS

Halbzeit
Es sind die Themen, die zur Halbzeit die Filme im Programm der 66. Berlinale prägen und weniger die große Filmkunst. Das passt in eine Zeit, die nach Pragmatismus und Lösungen dürstet. So überzeugen der nordafrikanische „Hedi„, der deutsche Beitrag „24 Wochen“ und das Flüchtlingsdrama „Fuocoammare“ viel mehr mit ihrem Inhalt als Hochglanz-Produktionen wie „Genius“ oder der ärgerliche „Jeder stirbt für sich allein„. Noch bleiben dem Filmfest einige Tage, um Akzente zu setzen. Die Bärenfrage wird bis zum Ende offen bleiben.

Feiern mit Festiwelt
Festiwelt, das sind mehr als 20 Filmfeste, die Berlin bereichern und zu einem einzigartigen Ort machen, einem cineastischen Biotop gar. Am Abend feierten die Festivals, sich, die Stadt und das Kino. Im Konzulat in Mitte, trafen Festivalmacher auf junge Regisseure und Schauspielerinnen mit strahlenden Augen auf unsichere Journalisten. Die Party zeichnet aus, das die Hürden klein sind und die Gäste guter Dinge. Alle sind bereit für den Berlinale-Schlussspurt, der für die Filmfeste Berlins ein Auftakt der Saison ist.

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