Auf ein Wasser mit „Luca tanzt leise“-Regisseur Philipp Eichholtz


Martina Schöne-Radunski überzeugt in "Luca tanzt leise". Foto: Plakat Daredo

Martina Schöne-Radunski überzeugt in „Luca tanzt leise“. Foto: Plakat Daredo

Bis zum nächsten Film sind noch gut zwei Stunden Zeit. Trotzdem ist das Foyer des Babylon, das auch 2016 wieder Veranstaltungsort von achtung berlin ist, voller Menschen. Draußen wird schon jetzt der rote Teppich ausgerollt, drinnen riecht es nach Popcorn, Fotografen machen sich bereit und auf einem Sessel vor dem prächtigen Kinosaal 1 wartet Philipp Eichholtz, seines Zeichens Regisseur des Wettbewerbsbeitrags „Luca tanzt leise„, in dem die Mittzwanzigerin Luca (Martina Schöne-Radunski) allen Widrigkeiten und Hindernissen zum Trotz, darum kämpft, ihrem Leben endlich eine Richtung zu geben.

Philipp, wie kamst du dazu, „Luca tanzt leise“ zu machen?
Philipp Eichholtz:
Mein erster Film „Liebe mich!“ wurde 2013 fertiggestellt. Danach haben wir ihn bei Festivals eingereicht. Ein frustrierender Prozess, bis wir 2014 schließlich auf den Hofer Filmtagen gezeigt wurden. Ab da hat sich alles ziemlich gut entwickelt. 2015 ist in meinem privaten Umfeld etwas passiert, das mich aufgewühlt hat und das verarbeitet werden musste. Nachdem ich zwei Tage nichts mit mir anzufangen wusste, habe ich mich hingesetzt und geschrieben. Dabei entstand die Vorlage für „Luca tanzt leise„, den ich im Kopf gleich mit Martina Schöne-Radunski besetzt habe. Ich kannte sie nicht persönlich, habe sie einfach kontaktiert und ihr gesagt, dass ich etwas für sie habe. Wir trafen uns dann an einer U-Bahn Station in Tempelhof. Eine halbe Stunde waren wir da, sie hat die Seiten in meiner Gegenwart gelesen und zugesagt. Drei Wochen später haben wir schon gedreht.

Weiterlesen: Unsere Kritik „Unterstützt mich!“ zu „Luca tanzt leise„…

Warum warst du so überzeugt davon, Martina als Luca zu besetzen?
Ich habe sie im Film „Käptn Oskar“ von Tom Lass gesehen und sie war grandios. Aber im Anschluss an den Film wurde sie nur noch für einen Typ besetzt. Das fand ich langweilig. Ich will die Schauspieler, die mich faszinieren nicht immer wieder in den gleichen Rollen sehen. Und wenn Schauspieler tatsächlich Schauspieler sind, wollen sie spielen dürfen und sich herausfordern.
Luca ist eine leise Figur, bei einer anderen Schauspielerin hätte die Rolle schnell zum Opfer verkümmern können. Durch Martina war eine Grundstärke gesichert, die selbst in den ganz schwachen Momenten noch durchkommt. Damit habe ich kalkuliert und sie hat alle Erwartungen erfüllt. Ich bin ein großer Verfechter davon, dass ein Film dem Zuschauer auch die Chance geben muss, zu lachen. Wenn du mit einer Figur lachst, dann weinst auch leichter mit ihr. Es entsteht eine andere Bindung. Das tragisch-komische liegt ihr einfach.

Warst du dir über die Besetzung der anderen Rollen ähnlich sicher?
Ich habe das Buch auch für Hans-Heinrich Hardt und Sebastian Fräsdorf geschrieben. Sebastian hatte ich 2015 beim Achtung Berlin Festival in „Im Sommer wohnt er unten“ gesehen. Er spielt einen liebenswerten Schluffi. Das war toll und ich habe mir gedacht, dass die Rolle des Ben in „Luca tanzt leise“ ausgezeichnet funktionieren würde, wenn nur ein Bruchteil dieser liebenswerten Art durchkommt, damit der Zuschauer greifen kann, warum Luca diesen gewalttätigen Mann überhaupt in ihrem Leben hat.

Gab es beim Projekt die Zeit, die Rollen gemeinsam mit den Schauspielern zu entwickeln?
Das war in diesem Fall tatsächlich sehr schwierig. Es gab nur drei Wochen Vorbereitung. Das Drehbuch konnte nicht mehr als eine Richtlinie sein. Alles musste während des Drehprozesses dauerhaft kritisch hinterfragt und auf die Funktionalität überprüft werden. Wir haben nicht chronologisch gedreht, sondern über drei Monate hinweg immer dann, wenn alle Beteiligten konnten. Das erfordert eine hohe Flexibilität. In den Pausen habe ich geschnitten und das Drehbuch angepasst, ausgearbeitet und auch Szenen gestrichen. Das ganze war ein organischer, spielerischer Prozess. Wir wussten worauf wir hinarbeiten. Bei „Liebe mich!“ musste ich viel im Schnitt retten, bei „Luca tanzt leise“ haben wir eher nachgedreht.
Das nächste Projekt, an dem ich gerade arbeite, bietet mir zum ersten Mal das Privileg schon zwei Monate vor dem Dreh mit der Hauptdarstellerin an ihrer Rolle zu arbeiten. Das ist die Art, wie ich arbeiten möchte, aber die Realität sieht oft anders aus.

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