Festival-Rückblick auf interfilm 2016

32. interfilm: Kurzfilme, die die Welt verändern



Einen Fokus setzte interfilm in diesem Jahr auf zwei Länder, deren Kurzfilme sich zu entdecken lohnen: China und Italien. Die hervorragenden Kurzfilmprogramme der Länder wurden begleitet von Talks im Grünen Salon im Rahmen des interforum, das die Möglichkeit bot, mit Filmschaffenden ins Gespräch zu kommen, sich auszutauschen und zu diskutieren. So präsentierten bei dem Talk FOCUS ON: CHINA vier chinesische Regisseure und Regisseurinnen ihre im Programm laufenden Filme und erklärten Produktionsbedingungen des Kurzfilms in China und ihre Motivationen, Filme zu machen.

Weiterlesen: Unsere Autorin Tatiana Braun hat sich ausführlich dem China-Fokus gewidmet. Hier ihr Feature „(Kurz-)Filmland China: Kurzfilme, die eine pessimistische Bilanz ausstellen“…

Der Talk zum FOCUS ON: ITALY stellte den italienischen Animationsfilm in den Vordergrund. Italienische Filmemacher unterschiedlicher Generationen präsentierten eigens ausgewählte Filme, die ein breites Spektrum von Animationsfilmkunst verdeutlichten. So etwa Rino Stefano Tagliafierro, der sein animiertes Musikvideo zu M+A „My Super8“ zeigte. Eine Besonderheit seines Stils ist das Morphing, das Fotos animiert und er auch bei berühmten Gemälden anwendet. Sein so entstandener Film „Peep Show“ lief ebenfalls bei interfilm. Der Länderfokus zeigte ein beeindruckend vielfältiges Kurzfilmschaffen beider Länder, das international nicht übersehen werden sollte.

Gerade für das vor-Augen-halten von Filmen mit keiner großen Distribution sind Festivals wie das interfilm so wichtig. Hier wird ihnen eine Plattform geboten, auf der Filmemacher ihren Film und ihr Filmschaffen einer breiteren Öffentlichkeit präsentieren können. So auch die chinesische Filmemacherin Lu Ding, die dieses Jahr bei interfilm Jurymitglied beim Internationalen Wettbewerb war. Ihren Film „Grandfather“ produzierte sie vor einigen Jahren mit einem minimalen Budget. Als „Grandfather“ dann beim 27. interfilm mit dem Preis für die Beste Kamera ausgezeichnet wurde, bedeutete das für sie auch eine Erleichterung für ihre kommenden Arbeiten.

Neben diesen wirklich interessanten Einblicken in das Kurzfilmschaffen anderer Länder gab es mit Virtual Reality Sessions, 3D- und Kuppelprojektionen in der Sektion EXTENDED VISION und des Events SOUND & VISION – The Audiovisual Sound Experience Live zwei weitere Highlights im Programm. Gerade bei SOUND & VISION ergab sich die Möglichkeit, Kurzfilme völlig neu zu erleben, da sie in der Berliner Volksbühne live von Musikern begleitet wurden.
Ein einzigartiges Erlebnis ist in jedem Jahr auch die Nacht des abwegigen Films EJECT, bei der das Publikum aus gezeigten Kurzfilmen einen Gewinnerfilm bestimmt. Fantastisch moderiert von Archie Clapp und Humpert Schnakenberger und begleitet vom Pianisten Sir Henry sah man hier in bester Stimmung Filme über Zahnobsessionen („Teeth“ von Daniel Gray), ein kleines liebestolles Wesen („Gwilliam“ von Brian Lonano) und über ein entlaufenes Pony, das eine Familie sehr traurig macht („Ficki das Pony“ von Kurt Razelli). Die Konkurrenz der Abwegigkeiten war also groß. Durchsetzen konnte sich Daniel Moshel mit „Metube 2 – August sings Carmina Burana“ über ein Straßenmusiker-Duo, das nicht von dieser Welt ist.
Am 20. November klang der Zauber langsam aus und ein großartiges Festival, das begeisterte, zum Staunen brachte und in vielen Programmen zum Nachdenken bewegte, ging zu Ende.

Michaela Grouls

Die 32. Ausgabe von interfilm fand von 14. bis 20. November 2016 in Berlin statt.

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