Die 13. Russische Filmwoche Berlin – Kino aus Russland

Russische Filmwoche: Ein anderer Kitsch


Der gemeinsame Traum treibt die drei Freunde in Iwan Schachnazarows Film "Rock". Foto: Russische Filmwoche

Der gemeinsame Traum treibt die drei Freunde in Iwan Schachnazarows Film „Rock“. Foto: Russische Filmwoche

Mit den Regisseuren Iwan Schachnazarow und Alexander Hant finden sich auch Debütanten im Programm der Russischen Filmwoche. Beide Absolventen der Filmkaderschmiede VGIK brachten mit ihren Filmen „Auf Umwegen ins Pflegeheim“ und „Rock“ Road-Movies auf die Leinwand, in denen sich junge Menschen ihren Weg durch das Russland der Gegenwart bahnen.
In Schachnazarows „Rock“ bricht eine kleine Gruppe von Freunden in Richtung Moskau auf, um ihren Traum vom Musikerleben Wirklichkeit werden zu lassen. In Hants „Auf Umwegen in Pflegeheim“ will ein junger Mann seinen einst kriminellen Vater loswerden, um an dessen Wohnung zu kommen und begibt sich dafür mit seinem inzwischen gelähmten Vater auf den Weg quer durch das Land zu einem Pflegeheim.
Ein weiteres Regiedebüt lieferte Kirill Pletnew mit „Los, trau dich!„. Der Film erzählt die Geschichte einer Gefängniswärterin, deren Gesangstalent durch das Handyvideo einer Gefangenen im Internet landet und einen überraschenden Begeisterungssturm auslöst. Das ungleiche Paar aus Wärterin und Gefangener beginnt daraufhin eine Zusammenarbeit, die das Leben beider Frauen gänzlich umkrempelt. Das Kunststück von Pletnews Film ist, dass er immer wieder zwei Welten aufeinanderprallen lässt: das mit komödiantischen Versatzstücken gespickte Märchen von der multimedialen Moderne und die harte Wirklichkeit des korrupten russischen Rechtssystems und des Alltags im Frauengefängnis.

In Walerij Todorowskijs „Das Bolschoi“ steht das Ballett im Mittelpunkt. Die junge Julka möchte Ballerina am berühmten Bolschoi-Theater werden. Doch die Ausbildung ist hart und sowohl Julkas einfache Herkunft wie auch ihr eigensinniges Verhalten machen es ihr nicht einfach. In langen Szenen, die immer wieder von Musik und Tanz durchzogen werden, erzählt der Film Julkas Geschichte und zeigt die harte Disziplin und Arbeit, die hinter dem Tanzbetrieb stecken.

Was am Ende der Russische Filmwoche besonders im Gedächtnis bleibt, ist der kulturelle Einblick, den man erhält. Selten bekommen wir die Chance, so weit in die russische Filmwelt abzutauchen, weshalb es wahrscheinlich nicht jedem leichtfällt, den Sprung zu wagen. Das russische Kino birgt eine Vielzahl von Themen und Ansätzen, die es zu erkunden lohnt. Dafür muss man seine Sehgewohnheiten ein wenig justieren. Der Kitsch in russischen Filmen ist ein anderer als im amerikanischen oder deutschen Kino. Auch der Humor verlangt hin und wieder eine etwas andere Lesart, als man es gewohnt sein mag, aber gerade darin liegt der Reiz der Veranstaltung. Eben jener Reiz, der einen auch immer wieder ins Kino treibt, der Reiz des Unbekannten und des Neuen, eben der Reiz des Blicks über den eigenen Tellerrand hinaus.

Paul Lufter

Die 13. Russische Filmwoche Berlin fand von 27. November bis 3. Dezember 2017 statt.

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