Heiner Mühlenbrock im Interview zu „Der Essayfilm – sichtbares Denken“

Mühlenbrock: ARTE sollte ein Jahr des Denkens ausrufen


Janne Parviainen liefert mit seinem „Late Night Show“ das Bild zu „Der Essayfilm – sichtbares Denken“.

Worin liegen die Schwierigkeiten für den Essayfilm auf dem deutschen Markt?
Da können wir eigentlich auch gleich über den weltweiten Markt des Essayfilms sprechen… Wenn der deutsch-französische Vorzeigesender ARTE vollgestopft ist mit exotischen Reiseerlebnissen, Filmen über Wunder dieser Welt und kulinarischen Highlights weltweit, und das öffentlich rechtliche Fernsehen ihre billigen Serien teils mit ARTE-Geldern ausstattet und Erstausstrahlungsrechte abtritt und die größten Dokumentarfilmproduzent*innen resignieren und behaupten, dass sie bei ARTE nur noch Konzepte für Hochglanz-Dokumentarfilme und „Lifestyle-Sendungen“ usw. verkaufen können….Wo sollen wir anfangen, über die Schwierigkeiten des Essayfilms auf dem Medienmarkt und in der Öffentlichkeit zu sprechen?

Hat der Essayfilm im Ausland einen einfacheren oder anderen Stand?
Das lässt sich so allgemein nicht beantworten. Tatsache ist, dass es in London offensichtlich das einzige Filmfestival gibt, das sich dem Essayfilm widmet – das The Essay Film Festival. Deshalb haben wir den Leiter des dortigen Festivals, Michael Temple, eingeladen, um über seine Erfahrungen zu sprechen und ein „Best Of“ der in London gezeigten Arbeiten zu präsentieren. Bei unserer Veranstaltung geht es also auch um den Austausch mit dem Ausland, unser anvisiertes Ziel ist es, am Oranienplatz, also in der DENKEREI und den angrenzenden Kinos, in Zukunft ein kleines Essay-Filmfestival ins Auge zu fassen.

Welche weiteren Entwicklungen werden von dem Berliner Treffen erwartet? Und an wen richtet es sich insbesondere?
Unser Programmpunkt „DER STELLENWERT DES ESSAYFIMS IN DEN FERNSEHREDAKTIONEN“ am Samstag, den 20. Oktober, ist für mich eine Besonderheit, weil hier zwei wichtige Vertreter*innen des öffentlich rechtlichen Fernsehens miteinander sprechen werden: Wilfried Reichart, ehemaliger Leiter der legendären Filmredaktion des WDR und Liebhaber und Förderer des Essayfilms, und Martina Zöllner, die aktuell im rbb die Leitung der Abteilung „Doku & Fiction“ inne hat. Neben der Idee, ein zukünftiges Festival in Erwägung zu ziehen, gibt es nämlich einen weiteren Zukunftsgedanken und der heißt: Essayfilme auf den Weg zu bringen, die aus der Zusammenarbeit von DENKER*INNEN und FILMEMACHER*INNEN entstehen. Mein Traum wäre es, ARTE davon zu überzeugen, das Jahr des DENKENS auszurufen und jeden Monat einen so entstandenen 60-minütigen Film auszustrahlen. Sechs Filme aus Deutschland und sechs Filme aus Frankreich. Essayfilme, die sich mit der Welt, in der wir leben, auf eine andere Art auseinandersetzen, als es die üblichen Fernsehreportagen und Dokumentationen tun.

Welche Höhepunkte des Treffens können Sie herausstellen?
Der größte Höhepunkt ist, dass diese dreitägige Veranstaltung durch den Hauptstadtkulturfonds möglich gemacht wird. Dass wir die Chance haben, etwas auszuprobieren, um herauszufinden, ob der Essayfilm eine Zukunft hat und ob es ein interessiertes Publikum gibt, das ihn schauen will.

Die Fragen stellte Teresa Vena.

Von 19. bis 21. Oktober 2018 gastiert das Projekt „Der Essayfilm – sichtbares Denken“ in der Denkerei und dem fsk Kino am Oranienplatz in Kreuzberg.
Mehr hier bei facebook

1 2