Fantasy Filmfest-Kritik: „The Philosophers“ von John Huddles


"The Philosophers": Für ein Jahr in den den Bunker. Foto: Fantasy Filmfest

"The Philosophers": Für ein Jahr in den den Bunker. Foto: Fantasy Filmfest

Erleuchtung im Atombunker

Apokalypse ist ein beängstigendes, aber sonderbar schön klingendes Wort, das wir landläufig mit Weltuntergang übersetzen. Neben seiner Funktion, unsere abstrakte Angst vor dem weltlichen oder sakralen Chaos auf den Punkt zu bringen, umschreibt die Apokalypse aber auch die plötzliche Enthüllung von etwas, das vorher, versteckt und schwelend, die ganze Zeit schon da war.

Das weiß auch der Philosophielehrer Mr. Zimit (James D’Arcy). Es ist der letzte Tag vor den Sommerferien an einer internationalen Privilegierten-Schule in Jakarta und Mr. Zimit hat sich für seine Klasse etwas ganz Tolles ausgedacht: Ein Gedankenexperiment. Seine 20 Schüler sollen sich vorstellen, eine nukleare Katastrophe stünde unmittelbar bevor und nur ein bonfortionöser Bunker bietet Schutz und Überleben für ein Jahr. Leider hat der Bunker aber nur Platz für zehn Personen. So ein Pech. Daher muss die Gruppe nun fleißig ausgesiebt werden; die vorher verteilten Identitätskarten bilden dabei den individuellen Wertmaßstab.

Um zu vermeiden, dass „The Philosophers“ als fades Kammerspiel-Lehrstück vor sich hin plätschert, hat Regisseur John Huddles zum Glück auch ein bisschen Science-Fiction eingebaut. Wo eben noch das Klassenzimmer war, läuten plötzlich riesige Atompilze den Untergang der alten Welt ein, vor dessen Hintergrund sich die Gruppe nun entscheiden muss. Jetzt zählen nicht mehr Sympathie oder Antipathie, sondern der zukünftige, logische Mehrwert einzelner Charaktere und ihrer Fähigkeiten. Da wird der Typ, der unglücklicherweise die Karte mit der Aufschrift „Poet“ gezogen hat, schon nach zwei Minuten abgeknallt. Ein Problem weniger. Aber ist das wirklich Philosophie? Oder nur auf die Spitze getriebener Sozialdarwinismus?

Mr. Zimit macht es seinen Schülern nicht leicht, wenn er deren Gedankengänge permanent sabotiert und sich mit der Zeit immer mehr als Querulanten-Psycho in Szene setzt. Versuchsanordnung 1 scheitert, als die Gruppe nach einem Jahr im Bunker schließlich verhungert und erstickt, während der absichtlich ausgesperrte Lehrer sich mittlerweile in ein knuspriges Brathähnchen verwandelt hat. Zu dumm, dass nur er den Entsperrungscode für die Tür hatte. In Versuchsanordnung 2 geht es um den Fortbestand der Menschheit, weshalb sich nun alle ausgiebig paaren müssen. Doch zwischen die Bilder von zärtlicher Endzeit-Erotik schiebt sich plötzlich noch ein anderer Gedanke: Kann man die emotionalen Verbindungen, die im Hier und Jetzt bestehen, in einem Gedankenexperiment tatsächlich ausblenden?

Gerade Mr. Zimit sollte sich diese Frage stellen, weshalb „The Philosophers“ am Ende mit einer wirklichen, ja realen Überraschung auftrumpft. Nicht nur die zermürbende Aufgabe, in so einem fiktiven Szenario über Leben und Tod zu entscheiden, stellt den Zuschauer auf eine gedankliche Probe. Auch diese letzte unerwartete Wendung ist es, die dem Film das etwas überstrapazierte Prädikat „Mindfuck“ verleiht.

Alina Impe