„The Congress“ von Ari Folman


Robin Wright verkauft ihre Persönlichkeit und entdeckt sich in einer imaginierten Welt neu.Foto: Pandora Filmverleih

Robin Wright verkauft ihre Persönlichkeit und entdeckt sich in einer imaginierten Welt neu.Fotos: Pandora Filmverleih

Der Unterschied von Fiktion und Realität

Ari Folman hat bereits mit seinem dokumentarischen Spielfilm „Waltz with Bashir“ eindrücklich bewiesen, dass ein Animationsfilm einer klugen Erzählstruktur nicht entbehren muss. In „The Congress“ kombiniert der Regisseur nun Realfilmsequenzen mit animierten Bildern und blickt damit nicht nur prophetisch in die Zukunft der Filmwirtschaft, er präsentiert eine referentielle Zukunftsversion der Filmkunst, die sich dem künstlerischen Element entledigt hat und zu bloßen Unterhaltungsindustrie verkommen ist.

Der Film ist im Gegensatz zum Theater und zur Bildenden Kunst ein junges Medium, das immer noch auf der Suche nach Formen ist und gerade im digitalen Zeitalter wie zwischen zwei Stühlen steht. Ist Film nur eine Form der Unterhaltung, also profane Freizeitgestaltung? Oder ist Film Kunst, also jenes Medium, das sich dem Zweck und Maß entzieht, die sich dem Zuschauer offenbart und Eindrücke in ihm hinterlässt. Ist der Film ein politisches Medium, vielleicht sogar ein pädagogisches Kunstruck, das zur Heranbildung dient und dazu im Stande ist, etwas Dringliches über die Welt auszusagen? Film sucht, darin ist er anderen Kunstform gleich, emotionale Wirkung. Aber sagt das etwas darüber aus, was Film heutzutage ist?

The Congress„, in dem die reale Schauspielerin Robin Wright die fiktive (oder reale?) Schauspielerin Robin Wrigth spielt, basiert lose auf Stanislaw Lems Roman „Der futurologische Kongress“, in dem der Weltraumfahrer Ijon Tichy an besagtem Kongress teilnimmt, dort in Kämpfe zwischen Regierung und Regierungsgegnern verwickelt wird und sich, nachdem er in einen Kühlschlaf versetzt wurde, in einer Zukunft wiederfindet, in der chemische Substanzen das gesamte Leben der Menschen durchdringen und die Wirklichkeit eine durch verschiedenste Substanzen definierte Welt zeigt. Die Gesellschaft präsentiert sich Tichy nicht mehr in einer in arm und reich definierten Form. Der Körper ist im Zeitalter der sogenannten Psychemie nun getrennt von der Psyche. Die Chemie ist die Wahrheit. Die Droge der Maßstab an dem sich das Reale misst. Die Welt ist tatsächlich horizontal. Unten die abhängige Masse. Oben jene, die die Drogen verabreichen und steuern.

In Ari Folmans „The Congress“ ist es nicht Tichy, der dieses Zukunft bereist sondern die Schauspielerin Robin Wright, die, scheinbar am Ende ihrer kommerziellen Filmkarriere angelangt, von ihrer Produktionsfirma (passend im Film als Miramount bezeichnet) ein für sie vernichtendes Angebot erhält: Miramount möchte Wright mithilfe einer neuen Technik digitalisieren. Dabei geht es nicht nur um ihre menschliche Hülle und etwa ihr Gesicht. Die Technik ermöglicht eine komplette Digitalisierung ihrer Persönlichkeit. Wright müsste dafür jedoch aus dem öffentlichen Leben verschwinden und ihren Beruf aufgeben, würde aber als eine Ikone, die keinem Alterungsprozess unterworfen ist, weiterexistieren.

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