„Kim hat einen Penis“ von Philipp Eichholtz



Auf jeden Fall kommt Kim mit dem neuen „Zubehör“ nach Hause zu ihrem Freund. Dieser weiß von der Sache nichts und erfährt es erst im gemeinsamen Schlafzimmer. Überfordert entzieht er sich zu Beginn, bis Kim ihn zum Experiment überreden kann. Er wird der Aufforderung gerecht, sich tolerant zu zeigen, seine Frau in ihrem Wunsch nach einem umgekehrten Machtverhältnis zu unterstützen und die traditionellen Rollenmuster zu hinterfragen. Ferner: Er ist Lehrer, sie Pilotin. Bereits in der Tatsache, dass die beiden geschlechtlich konnotierte Berufe gegen die Erwartung ausüben, spiegelt sich ein Umdenken, ein alternativer Lebensentwurf.

Kim hat einen Penis“ versagt, weil aus einer grundsätzlich interessanten Idee eine Farce entstanden ist. Mutig und originell wäre es gewesen, wenn mit dem Penis Kim auch andere „typisch männliche“ Attribute, charakterlich oder körperlich, erhalten hätte. Wenn der Film überspitzt mit den Rollenmuster umgegangen wäre. In Ansätzen wird dies versucht, wenn Kim mit dem Penis ein angeblich größeres Selbstbewusstsein gewinnt. Doch immer und alles reduziert sich auf das Sexuelle. Sie holt vor den ihr nachpfeifenden Bauarbeitern ihren Penis heraus. Ihr einziges Interesse an dem neuen Ding zwischen den Beinen beschränkt sich auf die sexuelle Erfahrung.

Wenn auch die Darsteller ihre Sache grundsätzlich gut machen, ziehen sich die Dialoge in die Länge. Hauptdarstellerin Martina Schöne-Radunski nimmt nur Fahrt auf, wenn sie als Kim mit ihrem Bruder streiten muss. Wirklich fragwürdig ist der Mangel an Sensibilität gegenüber Transsexualität. Wäre es tatsächlich so einfach, nach einer geschlechtsangleichenden Operation innerhalb von drei Stunden, danach vollkommen unbelastet weiter zu leben? Der Film verpasst die Chance, auf die wahren Unterschiede zwischen den Geschlechtern einzugehen und die Bedeutung der geschlechtlichen Attribute für die Verankerung der Rollenmuster herauszustellen. Ist es für eine Frau notwendig, einen Penis zu haben, um Gleichberechtigung zu erfahren?

Teresa Vena

Kim hat einen Penis„, Regie: Philip Eichholtz, DarstellerInnen: Martina Schöne-Radunski, Christian Ehrich, Matthias Lier, Stella Hilb, Lana Cooper, Sebastian Fräsdorf, Lilli Meinhardt, Kinostart: 4. Juli 2019

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