„Blind und hässlich“ von Tom Lass



Interessanterweise findet wieder mal ein Berliner Mumblecore-Beitrag beim Filmfest München die passende Bühne für seine Weltpremiere – wie Jahre zuvor, als „Love Steaks“ von Jakob Lass mit Förderpreisen einer weisen Jury überhäuft wurde und so letztendlich Bewegung in den deutschen Film brachte, wo die Förderinstanzen nach und nach mehr zulassen.
Nun also Tom Lass, der mit den typischen Mumblecore-Elementen, allen voran der Improvisation, eine leichtfüßige wie liebenswürdige Loser-Ode anstimmt. Einen Verleih hat „Blind & hässlich“ nicht, vielleicht hilft die Auszeichnung mit dem FIPRESCI in München. Zu wünschen wäre es allen Beteiligten.

Alle Beteiligten sind in dem Fall eine ganze Menge. Tom Lass macht aus „Blind & hässlich“ ein Klassentreffen dieser jungen „Berliner Sonderschule“ als die sich die Mumblecore-Vertreter auch hier und da selbst bezeichnen. Im großartigen Cast finden sich Dietrich und Anna Brüggemann, Robert Gwisdek, Karin Hanczewski, Axel Ranisch, Jakob Lass, Martina Schöne-Radunski und Robert Gwisdek, um nur einige zu nennen. Das Who-is-who des jungen deutschen Kinos also. Das Besondere daran – und damit auch eines der Geheimnisse des Films – alle tragen in ihren kleinen Rollen zum Gesamtwerk bei. Nicht nur durch bloße Anwesenheit und das zur Schau stellen des bekannten Gesichts, sondern mit vollem Einsatz und Hingabe an diese abstrusen Personen, die sie verkörpern.
Das Ganze funktioniert auch, weil die beiden Protagonisten dem in Nichts nachstehen. Regisseur Tom Lass gibt gekonnt den sympathischen Außenseiter, den wir aus zum Beispiel „Papa Gold“ kennen. An seiner Seite und dank seiner Regie brillieren die beiden Protagonistinnen von „Blind & hässlich„. Clara Schramm gibt in ihrem Debüt der Story in ihrer Rolle als Cécile immer wieder wichtige Impulse und treibt die Handlung entscheidend voran, wo das Ensemble ansonsten eher im meist komischen Moment verharrt. Dazu die begeisternde Naomi Achternbusch – ja richtig, Tochter von Herbert Achternbusch -, die höchst glaubwürdig diese Jona gibt, die einerseits ihr Leben aus der Bahn wirft, um in eben dieser Bahn zum Ruhepol für den labilen Ferdi wird. Sie bildet das Zentrum dieses Universums, wo alle anderen wie Planeten um sie kreisen und gleichzeitig angezogen werden.

Mit „Blind & hässlich“ und seinem Ensemble zeigt Tom Lass wieder mal auf, wie erfrischend der Berliner Film auf das deutsche Kino wirken kann. Im Vorbeigehen integriert er eine blinde Darstellerin, erzählt eine Geschichte über das Blindsein und schafft es, dass die Krankheit in keiner Sekunde problematisiert wird, im Gegenteil. Sehr sehenswert!

Denis Demmerle

Blind und hässlich„; Regie: Tom Lass; DarstellerInnen: Naomi Achternbusch, Tom Lass, Clara Schramm, Dimitri Stapfer, Peter Marty, Eva Löbau, Kinostart: 21. September 2017

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