„Körper und Seele“ (OT: „Testről és lélekről“/ ENG: „On Body and Soul“) von Ildikó Enyedi


"On Body and Soul") von Ildikó Enyedi offenbart Gefühle in unwirklicher Umgebung. Das Werk sicherte sich den Goldenen Bär der 67. Berlinale. Foto: Berlinale

„On Body and Soul“) von Ildikó Enyedi offenbart Gefühle in unwirklicher Umgebung. Das Werk sicherte sich den Goldenen Bär der 67. Berlinale. Foto: Berlinale

Träume im Schlachthof

Ein Schlachthof als Ort des Tötens, der Präzision und der Zerlegung, der Routinen, des abgründigen Humors und einer romantischen Begegnung: Lebensfeindlicher kann dieser Ort für Gefühle wohl kaum sein. Doch gleich zu Beginn im Film klärt Endre (Géza Morcsányi), der Chef des Schlachtbetriebes, diesen Irrtum auf. In einem Mitarbeitergespräch macht er einem neuen und an Coolness und Virilität kaum zu überbietenden Kollegen klar, dass diese Arbeit für den Einzelnen ohne Mitgefühl für die Tiere nicht funktioniere. Das Gespräch und das feine, vor allem durch seine Lachfalten charakterisierte, zärtliche Gesicht Endres wirft sein Licht voraus. Unter seiner Oberfläche lugt bereits ein Wesen hervor, dass nicht recht zu seiner Arbeit an diesem Schreibtisch im Büro der Metzgerei, diesem blutigen Ort und zu seinem distanzierten Umgang mit den Mitarbeitern passen will. Mitgefühl, ein fast schon magisches Wort in diesem Setting und „das wir häufig viel zu leichtfertig verwenden“, wie Jurypräsident Paul Verhoeven bei der Verleihung des Goldenen Bären erklärt. „Der Film erinnert uns an dieses Wort“, so Verhoeven weiter.

Als Mária (Alexandra Borbély), die neue Qualitätsprüferin, in den Schlachtbetrieb am Stadtrand Budapests kommt, ist die Belegschaft von der Neuen nur wenig verzückt. Die kühle Blonde mit stark autistischen Zügen versteckt sich lieber an ihrem Arbeitsplatz und sortiert streng die Fleischqualitäten auf minimalste Vorgaben, als sich in den Raucherecken prollig anbaggern zu lassen. Nur zum wortkargen Chef existiert eine wundersame Verbindung, das wird nach einer polizeilichen Untersuchung klar. Ein Kollege war auf die Idee gekommen, ein Potenzmittel für Bullen aus der Schlachthausapotheke zu klauen, um ein Klassentreffen entsprechend zu frisieren; mit überwältigendem Erfolg. Nun sitzt eine Psychologin im Betrieb und gräbt sich in die intimen Sexgeheimnisse der Mitarbeiter, um den Schuldigen in diesem von Testosteron nur so strotzenden Kollegium auszumachen. Dabei entdecken Maria und Endre, dass sie sich jede Nacht offenbar an exakt denselben Ort träumen, an einen See in einem Wald; als Hirsche.

1 2