69. Berlinale: „Flatland“ von Jenna Bass



Auf der Suche nach dem Paar analysiert die Ordnungshüterin Beauty mit Kalkül und Logik die chaotischen Schritte der beiden Rebellinnen. Dadurch offenbart sie zunehmend die Repressionen und Korruption der südafrikanischen Gesellschaft und des Polizeiapparats. Egal ob Bakkie seine Ehe mit Natalie auf herrische Weise erzwingen möchte, dessen Vater Jaap (Eric Nobbs) die alte Herrschaftsklasse aus dem Apartheidsregime verkörpert oder die Lkw-Fahrer, mit denen Natalie und Poppie auf ihrer rasanten Reise feiern wollen, sexuell zudringlich werden. Die chauvinistische Unterdrückung geht stets von den weißen Männern aus. Diese Allegorie wird mit den Mitteln des Genrekinos geformt: Momente des Westerns, Polizeifilms oder der Komödie erheben keinen Anspruch auf Realitätsnähe, sondern dienen als symbolischer Befreiungsschlag gegen die kolonialen Herrschaftssysteme, welche die geschlechtlichen und rassischen Differenzen in Südafrika laut der Filmemacherin weiterhin aufrechterhalten.

Daraus ergibt sich jedoch ein großer Zwiespalt in dieser Koproduktion von Arte und „Das kleine Fernsehspiel“ im ZDF. Denn die großen politischen Intentionen drängen das bleigeladene Handlungsgerüst in den Hintergrund. Vor allem im actionreichen Finale wird die Vielzahl von Handlungssträngen nicht konsequent zusammengeführt. Die Motivation der Figuren wird zunehmend unklar. Wer schießt hier auf wen und warum? Ebenso scheint der Versuch, die trügerische Utopie der „Rainbow Nation“ ins Gegenteil zu verkehren, als zu kurz gedacht. Der Aufstand von Poppie und Natalie ist plausibel, aber ziellos. Wem nützt eine Rebellion gegen bestehende Missstände, wenn sie keine Gegenvorschläge liefern kann? „Flatland“ ist ein mutiges Werk, das mit seinem Anspruch, die verzwickten gesellschaftlichen Verhältnisse in Südafrika mit den Elementen eines Genrefilms zu attackieren, letztendlich über sein Ziel hinausschießt. Dadurch kann es weder den eigenen politischen Ambitionen genügen, noch als feministischer Western Spannung erzeugen.

Henning Koch

Flatland„, Regie: Jenna Bass, DarstellerInnen: Faith Baloyi, Nicole Fortuin, Izel Bezuidenhout, De Klerk Oelofse, Eric Nobbs

Termine bei der 69. Berlinale:
Di 12.02. 11:30 Uhr CineStar 7
Sa 16.02. 14:00 Cubix 9

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