„A War“ von Tobias Lindholm


"A War" stellt Kommandant Claus Michael Pedersen (Pilou Asbaek) vor Gericht. Foto: Studiocanal

„A War“ stellt Kommandant Claus Michael Pedersen (Pilou Asbaek) vor Gericht. Foto: Studiocanal

Der Übermensch

Krieg ist Chaos und damit ein in sämtlichen zivilisationstheoretischen Fundamenten aufgelöster und unübersichtlicher Zustand. Unberechenbarkeit, beständige Bedrohung, irrationales Verhalten unterschiedlichster Kriegsparteien und Konfliktherde, die in ihrer Komplexität kaum greifbar scheinen, dominieren das Tagesgeschäft in sogenannten Krisenregionen. Übermenschliche Fähigkeiten braucht es, um in diesem feindlichen Umfeld nicht nur zu überleben, sondern nach Plan zu funktionieren und sich keine Fehler zu erlauben. Denn auch im absoluten Ausnahmezustand gelten Regeln und Gesetze. Regeln, die das humanitäre Völkerrecht definiert. Doch wie wirklichkeitsnah ist die Einhaltung dieser Gesetze in einer von Vernunft befreiten, entmenschlichten Umgebung? Diese Frage untersucht Tobias Lindholm in seinem dritten Spielfilm „A War„.

Kommandant Claus M. Pedersen steht mit einem Bein im Kriegschaos Afghanistans und mit dem anderen zuhause in Dänemark, wo Frau und Kinder auf die Rückkehr des Familienvaters warten. Ein Satellitentelefon verbindet in unregelmäßigen Abständen die eine Welt mit der anderen. Die Diskrepanz, mit der die Alltäglichkeit dieser zwei so gegensätzlichen Welten aufeinanderprallt, ist auch für den Zuschauer kaum auszuhalten. Zynismus und Panikattacken auf der einen Seite und die im absoluten Kontrast zu den existentiellen Erfahrungen der Männer stehenden, fast unbeschwert nach Geborgenheit und Halt suchenden Kinder und Ehefrauen auf der anderen Seite. Lindholm interessiert die Gradwanderung zwischen der heilen und der beschädigten Welt. Zweifelsohne, so versteht der Beobachter, hinterlässt die Begegnung mit der existentiellsten aller Extremsituationen ihre Spuren in der menschlichen Psyche. Und auch die Begegnung mit der Zivilbevölkerung frisst sich in die Eingeweide mancher Soldaten. Familienväter leben auf beiden Teilen der Frontlinie. Beide wollen ihre Kinder und Frauen vor jedweder Gefahr beschützen. Es gibt nur einem Unterschied, wie ein afghanischer Vater Claus erklärt: „Ihre Kinder sind in Sicherheit.“ Als Claus während seines Einsatzes mit seinen Männern in ein Kreuzfeuer gerät, trifft er eine folgenschwere Entscheidung, deren Konsequenzen auch seine eigene Familie zu spüren bekommt.

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