„Der Geograf, der den Globus austrank“ von Alexander Veledinski



Der Film berührt, wenn Viktor alleine durch die karge Industriestadt Perm durch die Plattenbauten streift, während seine Frau mit der Tochter bei einem Anderen ihr Glück sucht. Er ist lustig, wenn Viktor sich mit seinen Schülern auf dem Weg zum Ausflug betrinkt und über die Ungerechtigkeit im Land rappt. Der Schauplatz in der öden Provinzstadt Perm versprüht eine Melancholie, die das Grau des nicht enden wollenden Winters noch verstärkt. Konstantin Chabenski vermag es diese Melancholie in sein starkes Spiel aufzunehmen und den ambitionslosen, aber im Kern gutmütigen Charakter Viktor zu verkörpern. Dafür bekam er verdient den Preis als bester Schauspieler in Sotschi.

Viktor ist ein tragikkomischer Antiheld. Wenn er will, dann kann er viel erreichen, doch er steht sich selbst im Weg. Er versucht es vielen Recht zu machen, seine Frau lässt er zum Freund Budnik gehen, seine Schüler versucht er mit einer Rafting-Tour für den Ural zu begeistern und als er seiner Schülerin zu nahe kommt, geißelt er sich selbst. Es ist was dran, wenn er sagt, dass er ein Heiliger ist. Doch macht es ihn glücklich? Er sagt, er sei glücklich. Ob er das wirklich ist, bleibt offen. Am Hafen in Perm kann man den Satz „Das Glück ist nicht weit“ lesen, wobei das „nicht“ fast unlesbar ist. Eine starke Metapher. Vielleicht sind es sowieso die alltäglichen, kleinen Dinge, die Glück bedeuten. Als Viktors kleine Tochter fragt, was denn nun wichtig sei im Leben, antwortet er: „Jetzt ist es erstmal wichtig, dass ich Zigaretten auftreibe.“

Veledinski hat die Geschichte, die ursprünglich im Russland der 90er spielt, ins heutige Russland verlegt. So lässt er die Schüler den Unterricht mit Handykameras filmen und spricht aktuelle gesellschaftliche Themen Russlands an. „Der Geograf, der den Globus austrank“ eröffnet den Festivalbesuchern ein Russland, in dem die Enttäuschung der postsowjetischen Jahre in den Figuren noch immer präsent ist und sich zeigt, wie groß der Unterschied der jungen Generation zur alten ist. Doch der Film zeichnet kein negatives Bild, es zeigt ein realistisches Russland mit widersprüchlichen Figuren, die am Ende alle auf der Suche nach so etwas wie Glück sind.

Laura Varriale

Der Geograf, der den Globus austrank„, Regie: Alexander Veledinski, Hauptdarsteller: Konstantin Chabenski, Anfissa Tschernych, Jelena Ljadowa, Alexander Robak

Der Geograf, der den Globus austrank“ eröffnet am 27.11.13 um 19:00 Uhr im Kino International die 9. Russische Filmwoche.
Anschließend ist er am 28.11.13 um 20:30 Uhr im Russischen Haus und am 04.12.13 um 21:00 Uhr im Filmtheater am Friedrichshain zu sehen.

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