„Der Kuckuck und der Esel“ von Andreas Arnstedt


Bei achtung berlin in der Reihe "Berlin Highlights" zu sehen: "Der Kuckuck und der Esel". Foto: achtung berlin

Bei achtung berlin in der Reihe „Berlin Highlights“ zu sehen: „Der Kuckuck und der Esel“. Foto: achtung berlin

Von der Filmindustrie zum Äußersten getrieben

Der Deutsche Filmpreis, Galaveranstaltung, ein Haufen wichtiger Personen aus dem Filmbusiness in Abendgarderobe. Ein Caterer tritt an einen der Gäste heran und bittet ihn darum, ihm zu folgen – eine junge Dame warte auf ihn. Dann: Kofferraumklappe, Kellerzelle.

Nach jahrelanger frustrierter Arbeit an seinem Drehbuch, aussichtslosem Mailverkehr und vergeblichen Versuchen, bei den öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten beachtet zu werden, macht Conrad nun kurzen Prozess. Gemeinsam mit seinem Vater sackt er den – seines Erachtens – für seine Situation verantwortlichen Redakteur Halmer ein und entführt ihn. Wenn er sich schon nicht freiwillig mit Conrads Filmstoff auseinandersetzt, muss er eben dazu gezwungen werden. Die Idee ist so unkonventionell wie absurd. Halmer verschlägt es erst einmal die Sprache, als er im Keller eines Hauses in der brandenburgischen Pampa zu sich kommt. Das Haus mit dazugehörigem Garten ist umgeben vom Wald und See und entspricht dem deutschen Stereotyp: Holzvertäfelung, Geweihe an der Wand, Massivholzmöbel und auf den Küchentisch mit braun geblümter Wachstuchtischdecke kommt nur Hausmannskost.

Willkommen im Zuhause des verunsicherten Conrad. Gemeinsam mit seinem verschrobenen Vater Ephraim, ein harter Knochen der den Holocaust miterlebt hat und auch ständig darauf herumreitet, seiner stets stummen Tante, die immer nur in der Ecke sitzt und seiner Schwester Marlene, die leicht naiv und äußerst liebeshungrig ist, aber immerhin die gesamte Familie bekocht. Der Familien-Clan empfindet die Entführung als ein probates Mittel, um endlich die Ernte für Conrads jahrelange und bisher vergebliche Arbeit einzufahren. Wüsste der Zuschauer es nicht besser, könnte er sogar meinen, Halmer wäre Gast statt Geisel. Er bekommt einen Fernseher für seine karge Kellerzelle, Kekse zu seinem Kaffee, einen Schrank voll neu gekaufter KIK-Kleidung und findet sogar eine Rolle Gummidrops zur Begrüßung auf seinem Kopfkissen vor.

Auf Drängen von Ephraim muss Halmer immer wieder absurde, gewalttätige Akte über sich ergehen lassen, die ihm klar machen sollen, dass er nicht zum Vergnügen hier ist. Sein Vater motiviert Conrad hartnäckig dazu, für sein Ziel zu kämpfen. Dieses Wanken zwischen Bedrohung und familiärem Miteinander, das Aufeinandertreffen der teils plumpen Familie und des rationalen Medienmenschen kreieren einen ganz eigenen Humor. Die Fluchtversuche von Halmer scheitern – natürlich – immer wieder kläglich. Ihm bleibt nichts anderes übrig, als zusammen mit dem Familienhund angekettet seine Runden auf dem Hof zu drehen, die Flirtversuche der beleibten Marlene über sich ergehen zu lassen und mit Conrad an seinem nicht wirklich guten Drehbuch zu herumzubasteln. Bei der Arbeit der beiden Männer erhält der Zuschauer ganz nebenbei einen Crashkurs über Drehbuchdramaturgie und Rollenprofile. Mit Voranschreiten des Stoffes drängt allerdings eine Frage: Ist Halmer im Falle einer Freilassung vertrauenswürdig und kooperationswillig?

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