„Don Jon“ von Joseph Gordon-Lewitt


Pornografie kann falsche Erwartungen von dauergeilen Ludern, überdimensionalen Schwänzen und nimmersatten Löchern schüren, weist aber dennoch eine große Bandbreite an Inszenierungsweisen auf und hat nicht umsonst Subgenres wie den X-Art-Porn hervorgebracht. Hier sind die Beteiligten zwar immer noch viel zu glatt und die klassische Reihenfolge von Cunnilingus, Fellatio, drei bis vier verschiedenen Stellungen und schließlich der Cumshot wird weiterhin gern eingehalten, aber immerhin werden romantische Gefühle zwischen den Darstellern und der Anflug einer Story überzeugend vorgetäuscht.

Dass Frauen auch Pornos gucken, muss Jon erkennen, als er die depressiv-neurotische Esther in einem Abendkurs kennenlernt, zu dessen Besuch er übrigens auch von Barbara genötigt wurde, kurz bevor sie ihn für seine Speckfilm-Sucht abserviert. Esther empfiehlt Jon einen 70er-Jahre-Retro-Porno (auch hierfür gibt es Liebhaber, denn man sieht noch Menschen mit Schamhaaren und ohne gebleachten Anus) und bringt ihm schließlich bei, was guter Sex wirklich bedeutet. Gordon-Lewitt schafft es mit seinem Spielfilm-Regiedebüt, die Antwort auf diese Frage nicht mit schnulzigem Gewäsch von großen Gefühlen beiseite zu schieben, sondern bestärkt stattdessen die intensive Anziehung, Verbindung und Vereinigung zweier Menschen, die sich nicht zwangsläufig unter dem Begriff Liebe subsumieren lässt. Und so unbefriedigend sich diese Antwort zugebenermaßen liest, besteht die Crux von gutem Sex doch darin, dass er sich in einer Dimension abspielt, die selbst für die höchste Eloquenz unerreichbar bleibt.

Alina Impe

„Don Jon“ Regie: Joseph Gordon-Lewitt, Hauptdarsteller: Julianne Moore, Scarlett Johansson, Joseph Gordon-Levitt, Kinostart: 14. November 2013

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