„Ein Papagei im Eiscafé“ von Ines Thomsen


Mit "Ein Papagei im Eiscafé" gewann Ines Thomsen bei achtung berlin den Preis für den besten Dokumentarfilm 2015. Foto: achtung berlin

Mit „Ein Papagei im Eiscafé“ gewann Ines Thomsen bei achtung berlin den Preis für den besten Dokumentarfilm 2015. Foto: achtung berlin

Klatsch und Tratsch beim Friseur

In der Altstadt von Barcelona, nahe an der Küste, befindet sich das ärmliche Viertel El Raval, das eine hohe Ausländerquote hat. Immigranten aus allen Richtungen und Kontinenten haben sich hier niedergelassen und nach und nach Teile der autochthonen Bevölkerung ersetzt. Regisseurin Ines Thomsen zeichnet mit „Ein Papagei im Eiscafé“ ein neutrales und doch anrührendes Bild dieses Mikrokosmos, in dem verschiedene Kulturen vertreten sind, sich aber nur am Rande berühren.

In den Straßen des Raval haben sich eine Vielzahl von Friseursalons eingerichtet. Jede kulturelle Gemeinde hat ihren eigenen. Beim Pakistani Ahmed werden die Kunden, die vor allem aus älteren spanischen Männern bestehen, stets mit einem Witz und fröhlich empfangen. Seinem schüchternen Lehrling versucht er, die Zunge zu lösen, doch die meiste Zeit spricht er selbst. Er erzählt von seinen Anfängen in Barcelona, als er noch keine so große Konkurrenz hatte, vom Respekt, den man älteren Menschen gegenüber zeigen soll und von seinem Wunsch, sein Geschäft an die spanisch-französische Grenze zu verlegen, weil es dort ganze Dörfer ohne einen einzigen Friseur gebe.

Im Geschäft eines Marokkaners verkehren ausschließlich Araber. Der bescheidene, charismatische Besitzer hat Frau und Kinder, die in Marokko leben, während er sieben Tage die Woche arbeitet, um sie finanziell zu unterstützen. Seine Kunden schätzen ihn wegen seiner fröhlichen, zuvorkommenden Art. Der kleinste Salon der vier porträtierten gehört einem ungleichen Paar: einem schweigsamen Inder und einer melancholischen Bolivianerin, die dafür spart, ihren eigenen Laden in Bolivien eröffnen zu können. Ihre sparsame Klientel ist vielschichtig, doch vor allem besteht sie aus Ausländern.

Der bestfunktionierende Salon wird von Frauen geführt und von Frauen besucht. Hier treffen sich ältere Damen, von den Besitzerinnen liebevoll die „Golden Girls“ genannt, von denen die älteste 91 ist. Er fungiert als kleine Insel, auf die sich die letzten spanischen Bewohner des Viertels flüchten. Sie erzählen sich hier ihre Geschichten und finden Gleichgesinnte in ihrer Abneigung für die Ausländer, die das Viertel fest im Griff hätten.

1 2