„Ida“ von Pawel Pawlikowski


Die junge Nonne Ida steckt zwischen zwei Welten fest. Foto: filmPOLSKA

Die junge Nonne Ida steckt zwischen zwei Welten fest. Foto: filmPOLSKA

„Was, wenn es keinen Gott gibt?“

Die dunklen großen Augen blicken starr geradeaus, es ist keine Gefühlsregung im Gesicht der jungen Novizin Anna ablesbar. Als sie erfährt, dass sie Ida Lebenstein heißt und Jüdin ist, reagiert ihr Körper wie eingefroren. Der Film „Ida“ von Pawel Pawlikowski beschreibt die Suche zweier Frauen nach ihrer Identität und erzählt von einer tief vergrabenen grausamen Wahrheit – in der das Erscheinen einer Einzelnen das erzwungene Vergessen anderer Menschen zum Vorschein bringt.

Eigentlich fühlt sich Ida nicht mit den Juden verbunden – als Waisenkind ist sie asketisch bei den katholischen Nonnen aufgewachsen und steht kurz vor ihrem Gelübde zur katholischen Klosterfrau. Ihr Weltbild ist dem Kloster entsprungen und steht im Kontrast zum Leben ihrer Tante Wanda, der einzigen Verwandten, die sie auf der Suche nach ihren Eltern widerwillig kennenlernt. Durch Wanda lernt sie die weltliche Wirklichkeit kennen und beginnt an ihrer geistlichen Berufung zu zweifeln. Anfangs erscheinen die Figuren etwas schablonenhaft: Auf der einen Seite die trinkende, rauchende und dominante (ehemalige) Richterin, auf der anderen die stille, nachdenkliche Nonne. Später gewinnt die Darstellung an Tiefe. Gemeinsamkeiten stellen sich ein und gehen über die Einsamkeit, die jüdischen Wurzeln und ihre Verwandtschaft hinaus. Beide verbindet der jeweilige Glaube, dem sie ihr Leben, ihre individuellen Wünsche, opfern. Der Kommunismus im stalinistischen Zeitalter dem die „blutige“ Wanda ihr Leben widmete, für den sie sogar ihre Familie verließ, wirkte für sie wie eine Religion.

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