„Lady MacBeth“ von William Oldroyd



Irreführenderweise, spielt der Titel auf eine Figur aus William Shakespeares Drama „Macbeth“ an. Allerdings basiert der Film auf einer russischen Novelle von Nikolai Leskov aus dem Jahr 1865. Alice Birch adaptierte die Geschichte über die Zwänge der Frauen, das ländliche Leben und leidenschaftliche verbotener Liebe für die große Leinwand. Die Drehbuchautorin veränderte einige Abläufe, wie die Einführung der Figur Anna und den Ausgang der Geschichte. Der Film mag sehr verstörend und in die Länge gezogen wirken, da es sehr wenig Text und vielmehr Handeln gibt.
Lady MacBeth“ ist das Spielfilmdebüt des britischen Regisseurs William Oldroyd. Der Hausregisseur des Londoner Young Vic Theater inszenierte mehrere Theaterstücke und Kurzfilme, bevor er seinen ersten Spielfilm drehte. In der Rolle der Catherine ist die junge Florence Pugh zu sehen. Sie wurde 1996 in Oxfordshire geboren und trat in vielen Theaterproduktionen auf. Ihr Filmdebüt feierte sie 2014 mit dem Film „The Falling“. Regisseur und Hauptdarstellerin kreieren eine Frauenfigur, deren tiefe Abgründe mehr als radikal sind und die versucht, sich hinter einer unschuldigen Fassade zu verstecken. Emotionen sind bei Pugh kaum zu entdecken – ihre Catherine wird dadurch die perfekte Killerin.

Verstörend gut?
In „Lady MacBeth“ wird dem Zuschauer ein Trauerspiel der besonderen Art geboten. Er verstört, aber gefällt dennoch. Ein paar Defizite hat der Film allerdings: trotz weniger als 90 Minuten Laufzeit, zieht er sich wie ein Kaugummi in die Länge. Ist der Zuschauer nicht ganz bei der Sache, überträgt sich die Langeweile der Protagonistin sehr schnell. Dialoge gibt es kaum, dafür sehr viel Sex. Zu viel. Auch die langen Einstellungen und die Stille werden nach dem dritten Mal unerträglich. Es bedarf ein wenig Durchhaltevermögen, um den Film bis zum Schluss aufzunehmen und auch zu verarbeiten.
Er überzeugt aber dank seiner Kameraführung, dem gesetzten Licht und den Kostümen. Zu Beginn des Films ist die Kamera statisch. Die Sofa-Einstellungen wiederholen sich. Doch je mehr Catherine auftaut und zum Leben erwacht, desto beweglicher wird auch die Kamera. Das Kamerakonzept passt sich dem Handel der jungen Frau an. Genauso verhält es sich mit dem Kostüm aus. Das Korsett aus Lieblosigkeit und gesellschaftlichen Zwängen wird während der Handlung abgelegt und eingetauscht gegen Zwangloses – bis hin zur Nacktheit. Die Atmosphäre des Film wird durch das Licht gestaltet, das in eben so natürlich wie doch künstlich wirkt. Ein Widerspruch in sich: passend zur Protagonistin.

William Oldroyd zeigt mit „Lady MacBeth“ ein etwas anderes Frauenbild dieser Zeit. Der lange Kampf in die Unabhängigkeit hat ihren Preis. Diese radikale junge Frau, dessen Willen so stark ist und deren Handeln messerscharf, zerbricht am Ende innerlich. Die Demütigung und die Gewalt, die Catherine von Mann und Schwiegervater zu spüren bekommt, pflanzt sich systematisch fort. Liebe und Zuneigung kennt sie nur in Form der körperlichen Liebe und so verwundert auch ihr letzter Mord nicht, bevor sie alleine dasteht. Der Film endet, wie er angefangen hat: auf dem Sofa. Nur eines hat sich geändert: Catherine.

Sophia Förtsch

Lady MacBeth„, Regie: William Oldroyd; DarstellerInnen: Florence Pugh, Cosmo Jarvis, Paul Hilton, Naomi Ackie, Christopher Fairbank; Kinostart: 02. November 2017

Bei den European Filmwawards 2017 sicherte das Werk den EUROPEAN DISCOVERY 2017- Prix FIPRESCI!

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