„Mein Leben – Ein Tanz“ von Lucija Stojevic



Mit Mitte 60 – während der Drehzeit – kommt eine neue, würdevolle Attitüde hinzu. La Chana hat mittlerweile Schwierigkeiten mit der Mobilität, hat mit Diabetes zu kämpfen. Doch noch immer hat sie „Stärke, Schnelligkeit und Seele“ – die Grundelemente des Flamencos. Deshalb zögert sie nicht, als die Möglichkeit, noch einmal auf die Bühne zu treten, aufkommt. Wenn nicht im Stehen, eben im Sitzen. Die Intensität ihres Tanzes, ihr herausstechendes Merkmal, triumphiert noch ein letztes Mal – sogar im Sitzen.

Mein_Leben_Ein_Tanz_PlakatDie junge Regisseurin Lucija Stojevic hat mit ihrem berührendem Portrait Premiere auf dem International Documentary Festival Amsterdam (IDFA) gefeiert und dort gleich den Publikumspreis gewonnen. Unter den vergangenen Gewinnern sind Größen wie „Searching for Sugar Man„, „5 Broken Cameras“ und im letzten Jahr „Sonita„, der international viele weitere Preise einholte. Genau wie „Sonita“ erzählt „Mein Leben – Ein Tanz“ die Geschichte einer starken Performerin, die sich nicht von der patriarchalischen Gesellschaft unterkriegen lässt, in die sie hineingeboren wurde.
Im Falle von La Chana ist das die sehr traditionelle Gesellschaft der spanischen Gitanos, welches für Kalé-Roma steht, die den spanischen Flamenco bis heute sehr beeinflussen. „Ich hoffe, dass diese Geschichte auch junge Frauen, die sich in schwierigen Lebenssituationen befinden, dazu ermutigt, für ihre Träume zu kämpfen“, sagt Lucija Stojevic bei der Premiere auf dem Dokfest München über ihren Film. Anders als bei vielen Portraits hält sich der Gebrauch von Archivmaterial und die fly-on-the-wall Beobachtung in ausgewogener Balance: Der Zuschauer wird nicht mit schwarzweiß Fotografien und alten Aufnahmen erschlagen, sondern jede klug eingesetzte Aufnahme eines vergangenen Auftrittes wirkt und verschlägt den Atem.

Jana Gebhard

Mein Leben – Ein Tanz„, Regie: Lucija Stojevic, mit: Antonia Santiago Amador, Kinostart: 28. September 2017

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