„Shin Godzilla“ von Hideaki Anno und Shinji Higuchi


"Shin Godzilla" steht für die lange Tradition der Monsterfilme im japanischen Kino! Foto: Nippon Connection

„Shin Godzilla“ steht für die lange Tradition der Monsterfilme im japanischen Kino! Foto: Nippon Connection

Der Mensch ist gefährlicher als jedes Monster

Seit  seinem ersten Auftritt 1954 feierte das Monster japanischer Abstammung in zahlreichen, 29 Verfilmungen seinen Einzug in die Bucht von Tokio, die es  stampfend und feuerspuckend regelmäßig und buchstäblich dem Grundboden gleichmachte. Die aktuelle Interpretation des überdimensionierten, wütenden Godzilla feierte seine Premiere bereits im letzten Jahr und heimste verschiedene Filmpreise ein und erzielte rekordartige Besucherzahlen in Japan. Das Regieduo Anno und Higuchi, spezialisiert auf Katastrophenfilme, schuf einen rasanten Monsterfilm mit Endzeitstimmung und zu einem wesentlichen Teil eine politische Parabel über Macht, Verantwortung und dem nachhaltigen Umgang mit den natürlichen Ressourcen.

Auf offener See inspiziert die Küstenwache eine verlassene Yacht, diese gerät ins Schwanken, unter ihnen brodelt es verdächtig und plötzlich fliegt alles mit großer Kraft in die Luft. An anderer Stelle zeigen sich Risse in einem Autotunnel, Wasser bahnt sich mit Wucht seinen Weg hindurch und provoziert eine Massenkarambolage. Ein Erdbeben, ausgelöst durch einen unterirdischen Vulkan: Tokio steht unter Alarmbereitschaft. Im Regierungssitz laufen die Leitungen heiß, eine Schar Männer in perfekt sitzenden, irgendwie identisch aussehenden, dunklen Anzügen verschiedener Abteilungen holen Informationen über die Situation ein. In der Sitzung mit dem Ministerpräsidenten tragen alle ihre Meinungen hervor, eine defensive Haltung dominiert, getrieben vom Wunsch die Gefahrenlage durch „haltlosen Optimismus“, wie es ein jüngeres Kabinettmitglied ausdrücken wird, rhetorisch zu minimieren.

Schnell steht fest, dass es sich nicht um eine Vulkantätigkeit handelt. Ein riesiges, echsenartiges Wesen tritt aus dem Wasser hervor und wandelt mit zwar zögerlichem, aber treffsicherem und zerstörerischem Schritt durch die Bucht Tokios. Während auf dem Weg des „gigantischen, unbekannten Lebewesens“ kein Stein auf dem anderen bleibt und die Menschen fliehend Zuflucht suchen, prallen bei der Regierung die Meinungen über das weitere Vorgehen aufeinander. Experten aus allen Bereichen werden herangezogen, eine Sonderkommission einberufen, Protokolle geschrieben, Akte an Akte geheftet. Der Druck auf den Ministerpräsidenten wächst und wächst, jeder seiner Berater und Minister hat eine Meinung, doch keiner möchte die Verantwortung tragen. Einer muss den Kopf hinhalten, aber mit Sicherheit soll es nicht der eigene sein.

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