„Was für eine Zeit“ von Martin Swarovski (Okt 17)


"Was für eine Zeit" von Martin Swarovski ist unser Open Screening Kurzfilm des Monats Oktober 2017. Foto: Martin Swarovski

„Was für eine Zeit“ von Martin Swarovski ist unser Open Screening Kurzfilm des Monats Oktober 2017. Foto: Martin Swarovski

An jedem dritten Mittwoch im Monat können Filmemacher ihre Kurzfilme – ohne Anmeldung, ohne Vorauswahl, ohne Jury – beim Open Screening im Sputnik Kino Kreuzberg präsentieren und jeweils nach der Vorführung mit dem Publikum ins Gespräch kommen. Unerwünschte Inhalte können vom Publikum mit mehrheitlich gezogener roter Karte gestoppt werden. Das Ganze ist somit so etwas wie ein Filmfestival ohne Netz und doppelten Boden, bei dem ausschließlich Filmemacher und Publikum entscheiden, was gezeigt wird.

berliner-filmfestivals.de präsentiert euch einmal im Monat einen von den Veranstaltern ausgewählten Beitrag der letzen Open Screening-Ausgaben mit einem Interview. Bei uns erfahrt ihr mehr über die Macher der Filme und ihre Pläne.
Nach Acht Uhr Neunundzwanzig von Charlot van Heeswijk im Juni, The Stages“ von John F. McClellan & Charles Marks im Juli und Mishka“ von Eskopekka Javanainen, folgt das Musikvideo „Was für eine Zeit„, das Martin Swarovski für Zugezogen Maskulin produziert hat, als Open Screening Kurzfilm des Monats Oktober 2017.

Viel Vergnügen mit unserem Interview mit Regisseur (und Fotograf) Martin Swarovski, der Mucke von Zugezogen Maskulin und dem Video „Was für eine Zeit„…

Swarovski arbeitet an verschiedenen Projekten gleichzeitig. Foto: Martin Swarovski

Swarovski arbeitet an verschiedenen Projekten gleichzeitig. Foto: Martin Swarovski

Martin, worum geht’s in deinem Musikvideo zu „Was für eine Zeit“ von Zugezogen Maskulin auf der filmischen Ebene?
Martin Swarovski:
Um eine gesellschaftliche Dystopie auf drei Ebenen: Es gibt die Geschichte eines Gefangenen, die Performance der Band und allegorische quasi-Stillleben.
 Man steckt bei der Musikvideokonzeptionierung immer ein bisschen in einem Zwiespalt – auf der einen Seite will man das Thema des Tracks aufgreifen, auf der anderen auch nicht zu nah am Text und damit zu eindimensional sein. Nach dem Motto: Rapper rappt über Geld – wir sehen einen Haufen Geld. Das kann zwar funktionieren, tut es aber in neunzig Prozent der Fälle nicht. Ich habe versucht, das über Metaphern zu lösen. Für mich geht es in dem Track ganz stark um Verzweiflung, Überforderung und die Widersprüchlichkeiten des Zeitgeists. Ich versuche dafür Bilder zu finden. Gleichzeitig ist es mir wahnsinnig wichtig, dass Videos nicht nur auf einer intellektuellen Ebene funktionieren. Videos müssen klatschen. Videos müssen Spaß machen und immer wieder überraschen. Deswegen haut da jemand seinen Kopf in ein Messer. Ob das metaphorisch für Verzweiflung oder Überforderung steht muss jeder selber entscheiden

Wie ist die Idee dazu entstanden?
Relativ unspektakulär. Ich habe ein paar Ideen vorgeschlagen, die Band und ich haben uns zusammengesetzt und ich eine Idee letztendlich ausformuliert. Da ich schon ein paar Videos für Zugezogen Maskulin gedreht habe, herrscht da ein gewisses Grundvertrauen. Ich hatte komplett freie Hand, was wichtig ist, um etwas inhaltlich und stilistisch einigermaßen Stringentes zu schaffen. Kreativität ist eben kein demokratischer Prozess

Wie wurde gedreht?
Mit einer Sony FS5. Und einem sehr, sehr guten, motivierten Team.

Und wie war die Arbeit am Film? 
Anstrengend. Wir mussten alles in sehr kurzer Zeit planen und passende Darsteller, Requisiten und natürlich die Location finden. Gedreht wurde an zwei sehr langen Tagen. Um Zeit zu sparen, haben wir am Set geschlafen. Ich habe mir sagen lassen, dass der weiße LKW im Video ein sehr gutes Bett abgibt.

Du hast bereits für einige HipHop-Acts Musikvideos gedreht und warst für eine Foto-Dokumentation mit Sprayern unterwegs. Bist du Teil der Szene oder ist es eher Zufall?
HipHop ist schon irgendwie die Kultur, in der ich am ehesten meine Wurzeln habe. Wobei diese Szene in ihren Vorstellungen darüber, was HipHop ist, alles andere als homogen ist. Was sich aber tatsächlich überall durchzieht und mir auch wichtig ist, ist der Hang zur Abgrenzung von anderen und der Drang zur Weiterentwicklung des Eigenen. Keiner will sich anhören müssen, dass das, was er macht, schon andere gemacht haben bzw. dass er sich wiederholt. Was zur Folge hat, dass sich diese Kultur wahnsinnig schnell entwickelt. Darwinismus in Reinform.

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