„Delicatessen – Das Berliner Tischgespräch“ im Mai 2011


Das Tischgespräch im Mesa

Das Tischgespräch im Mesa

Fisser: Momentan gehe ich sehr gerne in die Astor Lounge, weil die einfach bequem ist. Ein tolles Konzept. Ich finde aber auch das International klasse.
Galliner: Ich liebe das Odeon Kino. Ich schaue gerne in Originalsprache und ich liebe große Kinos. Die Leinwand muss groß sein. Ich hasse diese ganz kleinen Kinos. Ich bekomme Platzangst in diesen kleinen Schachteln. Ich mag am Odeon auch das etwas Schäbige.
Fisser: Wir waren kürzlich bei der Premiere von „Wer ist Hanna?“ im Delphi. Wunderbar.
Galliner: Ein tolles Kino. Man sitzt toll, sieht überall und hat wegen der hohen Decken gute Luft.
Dell: Bei mir sind es auch das Astor, das Delphi und das Filmkunst 66, weil dort die meisten Pressevorführungen sind. Bei kleineren Filmen besteht oft die Möglichkeit, die als Ansichts-DVD zu sichten. Das heißt, dass ich privat nur größere Filme in größeren Kinos sehe, die ich verpasst habe. Das ist ein wenig schade, da ich das Kino als Ort sehr mag.
Galliner: Ich finde auch spannend, Kinos in anderen Ländern zu besuchen. In Amerika ist das immer sehr schön. Im letzten Januar war ich in New York in einer Nachmittagsvorstellung um 14 Uhr von „The Kings Speech„, die komplett ausverkauft war.
Dell: In Deutschland haben Kinogänger oft das Problem, die Filme nicht in Originalfassung zu sehen.
Fisser: In allen Ländern, in denen Filme im Original laufen, sind die Englischkenntnisse deutlich besser als hier. Bei einem Tonfilm ist es doch schön, die Originalstimme zu hören. Auch wenn man nicht alles versteht. Wir waren am Rande der Berlinale von der amerikanischen Botschaft eingeladen „True Grit“ zu sehen. Als ich nachfragte, ob die alles verstanden haben, sagten die „Nein“. Aber Jeff Bridges mit seinem Slang zu hören ist ein Erlebnis. Ähnlich bei Brad Pitt in „Inglourious Basterds“, wo Tarantino bei Brad Pitt, der ein klares New Yorker Ostküsten-Englisch spricht, darauf bestand, dass er mit diesem fiesen Slang spricht. Das gehört zur Schauspielerleistung dazu.
Galliner: Wir versuchen auch immer Untertitel einzusetzen, haben aber häufig finanzielle Probleme und können aus Geldgründen nicht immer alle untertiteln.
Fisser: Wir stritten uns lange mit Universal, weil diese Viersprachigkeit für den Film so wichtig war. Die wollten wenigstens das Englische synchronisieren. In der Argumentation muss immer Bottrop dran glauben, wo es angeblich heißt: Wenn ich was lesen will, kaufe ich mir ein Comic und gehe nicht ins Kino. Aber das ist Erziehungssache.
Dell: Es ist eine reine Gewöhnungssache. Bei „Inglourious Basterds“ macht Synchronisation überhaupt keinen Sinn, weil der Film ja mit den Verständnisschwierigkeiten seiner Protagonisten arbeitet.

Deutsche Tapas im Mesa

Deutsche Tapas im Mesa

Galliner: Ich habe auch schon Schweizer Filme mit Untertiteln gesehen und bei Festivals auch Englische, mit englischen Untertiteln, wenn sehr starker Dialekt gesprochen wird. Man kann nicht erwarten, dass jemand einen nordenglischen Dialekt drauf hat.
Fisser: „The Kings Speech“ zu synchronisieren, ist Wahnsinn. Der Oscar wurde auch für die Sprache vergeben. Eigentlich müssten die öffentlich-rechtlichen Sender mit unsynchronisierten Fassungen anfangen. Das ist auch Erziehung. Selbst wenn dies nur in einem eigenen Zeitfenster geschehen würde.
Dell: Aber gerade bei den Öffentlich-Rechtlichen herrscht doch die Angst vor, dass keiner mehr zuschauen würde, wenn man das macht.
Galliner: Bei uns beschweren sich die Leute auch immer wieder. Aber das ist Übungssache.
BFF: Wo wird noch synchronisiert?
Fisser: In Japan ist es sehr verbreitet. In Italien und Spanien auch.
Galliner: „True Grit“ in Japanisch ist sicher toll.
BFF: Wie oft geht man denn in Amerika ins Kino?
Fisser: Zu wenig. An der Ostküste hat das Kino einen großen Stellenwert. Aber es ist schon so, dass die amerikanischen Filme die Hälfte ihrer Einnahmen auch in den USA einspielen. Das wird sich jetzt mit China verschieben, wo innerhalb von zweieinhalb Jahren 40.000 Kinos gebaut werden. Bislang gab es lediglich 2.500 in ganz China. Das Land öffnet sich auch gerade für Koproduktionen. Das werden keine politischen Filme sein, sondern Kinderfilme. Dort wird auch zunehmend selbst produziert. In Hongkong und Shanghai. Seitdem bemerken die auch, dass Filme was kosten und es schlecht ist, wenn die illegal angesehen werden. Daher gehen die jetzt auch recht radikal gegen die DVD-Kopien vor, was sie bisher nicht interessiert hat, da es nicht ihr Schaden war. China entwickelt sich seit Emmerichs „2012“ und liefert derzeit alle zwei Monate neue Rekordergebnisse, weil die Kinolandschaft extrem schnell wächst.
Dell: Der Markt war vorher gar nicht da. Es war in Shanghai viel einfacher Filme auf gekauften DVDs als in einem Kino zu sehen.
BFF: Raubkopien sind für sie als Studio ein großes Problem, oder?
Fisser: Das ist ein Riesenproblem. Für alle. Wir haben bei einigen Filmen von uns Listen, auf denen wir sehen können, wie oft sie illegal downgeloaded wurden. Das heißt nicht, dass alle diejenigen, nicht ins Kino gehen. Es ist sehr schwer einzuschätzen. Durch die Mentalität, sich alles kostenfrei anschauen zu wollen, entsteht ganz einfach ein horrender Schaden. Das große Problem bleibt aber, dass man es nicht genau verfolgen kann.

Der zweite Teil von „Delicatessen – Das Berliner Tischgespräch“ im Mai 2011 folgt morgen.

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