Festivalbericht: 17. Jüdisches Filmfestival Berlin und Potsdam


TV-Format im Kino "Arab Labour"

TV-Format im Kino "Arab Labour"

Von kleinen Krisen und großen Konflikten

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dr. Dieter Graumann erklärt am Galaabend „den jüdischen Film gibt es nicht“ und begründet, dass der `jüdische Film´ „nicht auf den Status der Opfergemeinschaft zu reduzieren“ sei. Er hebt noch einmal hervor, dass der `jüdische Film´ nicht nur an der Aufarbeitung der eigenen Historie interessiert ist, sondern sich auch für das alltägliche und gegenwärtige Leben interessiert, jenseits vermuteter Klischees. Gleichzeitig betont auch Festivalleiterin Nicola Galliner immer wieder, dass nicht die religiöse Herkunft der Filmemacher für das Festival eine Rolle spielt, sondern die Filme im Vordergrund stehen. Was also kennzeichnet den `jüdischen Film´, den das Festival seit fast zwei Jahrzehnten in Berlin und Potsdam präsentiert?

Das Jüdische Filmfestival bot in diesem Jahr weniger Filme für den cineastischen Anspruch als zuallererst Geschichten. Es sind Ereignisse und Erlebnisse des Alltags und der auf die weltweite, bunte jüdische Kultur gerichtete Blick, die über die Leinwand flimmerten. Sie bebildern die Identität, Kunst und Kultur einer Gesellschaft zwischen Tradition und Moderne, gewähren Einblicke und erinnern an das Trauma der Vergangenheit. So ermögliche das Filmfestival eine „Reise in die jüdische Identität und Geschichte“ und baue eine Brücke, „die nicht hoch genug zu bewerten ist„,  so Ministerpräsident von Brandenburg Matthias Platzeck, der die diesjährige Schirmherrschaft übernahm. Das Filmfestival als Sprachrohr und Mittelsmann zwischen den Kulturen.

TV-Unterhaltung

Mit diesem Fokus verwundert es nicht, dass es auch TV-Dokumentationen und sogar TV-Serien, wie „Arab Labor“ oder die israelische Version von „The Office“ ins Programm schafften, die mit viel schwarzem Humor und politisch herrlich inkorrekt vom jüdischen Alltag erzählten. Die Tatsache, dass die TV-Unterhaltung hier Einzug in den Saal hält, mag die Frage aufwerfen, ob ein Filmfestival ausschließlich Filmkunst zu zeigen hat.  Die Zuschauer störte die TV-Unterhaltung im Kinosaal nur wenig, denn man bekäme diese Filme ja „sonst nie zu sehen„. Das Kino als Ort der Begegnung. So waren viele besonders neugierig auf die im Vorfeld oft als Highlight hervorgehobene israelische Version von „The Office„. Enttäuschend war schließlich dann aber doch die Tatsache, das die israelische Version eben nicht viel mehr zu bieten hatte, als die üblichen stereotypen und geistlosen Witze über Sex, Frauen und Minderheiten.

Ganz anders dagegen die bissige TV-Satire „Arab Labor“ des arabisch-israelischen Autors Sayed Kashua. Die Persiflage um eine vierköpfige arabisch-israelische Familie enthüllt den alltäglichen Kampf zwischen Integration und Isolation. Auf der Suche nach einer eigenen Identität geraten die Protagonisten immer wieder an die Grenzen ihrer privaten und politischen Positionen. Was also tun, wenn die Hunde der liberalen israelischen Nachbarn offenbar wittern, dass der kürzlich eingezogene Nachbar arabischer Abstammung ist und immer anschlagen, wenn er nur die Tür öffnet? Der ungelöste Nahostkonflikt herrlich sarkastisch am Alltag einer Familie dargestellt.

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