Teil zwei von Delicatessen – Das Berliner Tischgespräch im Dezember
Crowdfunding ist demokratisch
Im ersten Teil unseres „Delicatessen – Das Berliner Tischgespräch“ unterhielten wir uns mit Beatrice Behn, Tom Lass, Anna Theil und Daniel Saltzwedel darüber, wie Crowdfunding funktioniert. Das momentan bekannteste, aber auch umstrittene Film-Projekt „Hotel Desire“ kam noch nicht zur Sprache. Das ändern wir und unterhalten uns weiter über Filmfestivals, Komödien und speziell die Krise der deutschen Komödie.
BFF: Ich würde gerne zu den Risiken und Nebenwirkungen kommen: Dieser Tage steht „Hotel Desire“ im Blickpunkt. Ein Crowdfunding-Projekt, das durch die Medien geisterte und vollkommen anders zugeschnitten ist, als alles, von dem wir bisher sprachen. Der Film von Sergej Moya wurde mit einer Kampagne der Agentur Teamworx auf den Weg gebracht, hinter der mit Nico Hofmann einer der wichtigsten deutschen Produzenten steht. Wie charmant ist ein solches Projekt aus eurer Sicht?
Lass: Das Projekt ist einigen aufgestoßen, hat aber sicherlich auch Aufmerksamkeit für das Crowdfunden generiert. Ob das für Sympathien oder für eine negative Sicht sorgt, kann ich nicht beurteilen.
Behn: Die Wahrnehmung hängt davon ab, wo man sitzt. Es ist wie immer in der Filmbranche: Klappt etwas im Kleinen, beginnen die Großen auch damit und entwickeln eigene Systeme. Aber: Crowdfunding ist demokratisch. Jedem steht es frei, ein Projekt zu unterstützen – oder auch sich verarschen zu lassen. Es nimmt in jedem Fall denen den Spaß, die sich durchquälen.
Saltzwedel: Crowdfunding beruht sehr stark auf einem Prinzip: Die und Wir. Erfolgreiche Beispiele wie „The Yes Men Save The World“ orientieren sich sehr stark an einer Alternativkultur. Das Geld bleibt innerhalb einer Gruppe von Gleichdenkenden. Das ist bei „Hotel Desire“ nicht der Fall. Da greift die Industrie auf das Verfahren zurück. Es gibt Gerüchte, das Geld sei auf unlautere Weise zusammen gekommen. Aber das ist vielleicht gar nicht die Frage. Denn der Effekt, der in Presse- und Marketing erzielt wurde, ist höher einzuschätzen, als die erzielte Crowdfunding-Unterstützung von 150.000 Euro. Bleibt das ein Einzelfall oder wird Crowdfunding zu einem Marketing-Mechanismus? Nutzt Disney Crowdfunding, um einen Film vorab per Facebook bekannt zu machen? Das ist eine Form von Missbrauch. Hat in Deutschland schon mal ein Projekt so viel Geld eingesammelt?
Theil: Nein. Für uns war es kein schlechtes Projekt, weil es Crowdfunding in den Massenmedien erklärt hat. Ich fand die Projektdarstellung etwas uncharmant. Da stand die persönliche Kommunikation nicht mehr im Vordergrund. Ich fürchte, das wird nun häufiger passieren. Luc Besson plant in Frankreich etwas Ähnliches.
Saltzwedel: Dieser Feind im Bett ist also dann gut, wenn er so für erfolgreiche Projekte sorgt.
Theil: Seitdem rufen uns immer mehr größere Produktionen an und erkundigen sich nach den eigenen Perspektiven. Sie fragen, ob es in Kombination mit öffentlicher Filmförderung funktioniert…
BFF: … und wie funktioniert es?