Zurückgespult #4: Der Berlin Mumblecore räumt ab
Filmemacher und Spaß dabei
Was ist das interessante an Jakob Lass und seinem Film über ein Liebespaar, das sich als Angestellte eines Luxushotels kennenlernt und für ordentlich Wirbel sorgt? Mit ihrer Nähe zu den DIY-Filmemachern aus den USA folgen Lass und sein Team einem selbsterfundenem Code, dem FOGMA. HFF-Student Jakob Lass, der zunächst bei der selbstorganisierten Berliner Filmschule FilmArche sein Handwerk lernte, erklärt es im Interview ungefähr so: Filmemachen soll Spaß machen, Filmemachen soll nicht überfordern, sondern da abholen, wo die jeweilige Person mit ihren Fähigkeiten steht. Nun, wer einmal auf einem Set von Filmstudenten Hütchen verschoben, Brote geschmiert oder Autos hin- und hergefahren hat, der weiß spätestens beim Bergfest, dass es dort an Spaß in der Regel nicht mangelt. Spaß ist sogar eine nicht zu unterschätzenden Währung, die von einigen angehenden Filmemachern nicht ungern eingesetzt wird, um mangelnde Bezahlung zu rechtfertigen.
Neben diesem etwas banalen Wunsch nach maximalem Funfaktor enthält das neue Manifest, dass sich vom dänischen DOGMA ableitet, aber einige recht interessante Ansätze, die Ästhetik und Produktionsbedingungen betreffen. Filmästhetischen Forderungen, wie etwa, dass der erste Take der Beste ist, Mut zur Improvisation und keine Einsätze von Licht und Maske, gab es allerdings auch schon bei der DOGMA-Bewegung. Bei FOGMA sind es besonders die Produktionsanforderungen, die das Potenzial zu einer Veränderung für die Arbeitsweise von jungen Filmemachern haben könnten. Hier wird ein emotionaler und visionärer Zusammenhalt zwischen Regie, Produktion und Kamera gefordert, das Filmteam soll möglichst antihierarchisch und konstant in seiner Besetzung bleiben. Vorschläge von allen Teammitgliedern sind erlaubt und erwünscht, gleichzeitig wird erwähnt, das der Zeitdruck „allen gehört“. Die Drehzeit selbst ist zwei Blöcke eingeteilt, die jeweils 4 Stunden – also einen regulären Arbeitstag – darstellen. Regelmäßige Feedbackrunden und sogar Set-Sport ist vorgesehen, Besuchszeiten sind nur an den drehfreien Tagen erlaubt. Auch ein „Einschwörungsworkshop“ ist Pflicht. Schiebt man den sektenhaften Unterton dieser letztgenannten Forderungen beiseite, könnte FOGMA tatsächlich ein Ansatz sein, die Bedingungen bei den Dreharbeiten von Low-Budget-Filmen zu verändern.
Weniger Praktikantenausbeute, Überstunden und ermüdende Entscheidungsdiskussionen zwischen Produktion und Regie, die gerade bei Filmprojekten im Rahmen von Filmhochschulen beide unter dem Druck stehen, sich vor ihren Professoren beweisen zu müssen. Und ein konzentrierterer Arbeitsablauf, der sich möglichst unabhängig von Geldgebern und Entscheidern außerhalb des Sets durchziehen lässt. Immerhin kam auch „Love Steaks“ komplett ohne Fördergelder aus, ganz nach amerikanischem Vorbild. Bevor der Film in die Kinos kommt und vom Feuilleton beackert wird, sollte allerdings noch eine Frage geklärt werden: Wer genau ist eigentlich der FOGMANIAC, der laut Manifest von der Gruppe „geschaffen wird“? Vielleicht bekommen wir ihn bei der nächsten Preisverleihung für „Love Steaks“ zu Gesicht.
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