THE LAST FAMILY von Jan Matuszynski


Kunst-t-raum im Plattenbauflair

In seinem Film mit seinem Film „The Last Family“ porträtiert Jan P. Matuszynski die Familiengeschichte des berühmten polnisches Malers und Grafikdesigners Beksinski. Dieser wurde durch seine sadomasochistische Bondage-Motive in Öl international berühmt. Die Geschichte der Familie ist vielen Menschen in Osteuropa bekannt. Nicht nur dass sich der Sohn, ein Kult-Radiomoderator und DJ, das Leben nahm, auch das des Vaters endet durch eine Gewalttat .

Die Familie Beksinski trauert am Grab in "The Last Family". Foto: Hubert Komerski/filmPolska
Die Familie Beksinski trauert am Grab in „The Last Family“. Foto: Hubert Komerski/filmPolska

Der junge Regisseur Matuszynski (geb. 1984) ist nach einigen Dokumentarfilmarbeiten für seinem Spielfilmdebüt „The Last Family“ (OT: „Ostania Rrodzina„) international ausgezeichnet worden. In „The Last family“ bringt der beide Welten zusammen, uns erwartet ein Film, der mit sehr viel dokumentarischem Material die Familien-Geschichte erzählt.
Für sein Biopic erhielt der Regisseur Zugang zu dem reichhaltig vorhandenem Filmmaterial. Beksinski war nicht nur Maler sondern auch Fotograf und Videokünstler. Als Zuschauer begleitet man die Familie von 1977 bis 2005.

Die Szenen spielen im häuslichen Umfeld der Plattenbausiedlung und in erster Linie in den kleinen Räumen der beiden Wohnungen der Familie. Fahrstühle bewegen sich grundsätzlich nach oben, Regen- und Schnee unterstreichen das trostlose Bild. Die Wohnungen sind dank gelungener Requisite wunderbar der Zeit nachgestellt. Matuszynski bedient sich zudem der Kameraführung von Beksinski. Diese verfolgt schonungslos jede emotionale Regung der Familie, so extrem, dass es in seiner Konsequenz Komik entwickelt. Bei einer seiner Videopatrouillen kontrolliert Beksinski, ob eine seiner Großmütter noch atmet. Gemeinsam mit dem Zuschauer stellt er fest: sie ist tot.

Die Dichte des Filmes entsteht durch die schnellen Bewegungen innerhalb der Wohnräume. Es entsteht dabei das Gefühl, fast schon zur Seite treten zu müssen, wenn wieder durch den Flur gerannt wird. Die Nähe zu den Menschen wird durchgehend gehalten.

Die Szenen einer Familie: Von den Versuchen, mit therapeutischen Maßnahmen Psychosen beizukommen, Sommerausflügen, Begräbnissen, bis zum Weihnachtsfest. Diese, mit regelmäßigen Seitenhieben auf die katholische Kirche gespickt, sorgen für den speziellen Humor, der sicher die Probleme in manch polnischer Familie widerspiegelt. Die Hausfrau, die funktioniert, gläubig ist, die Geliebten des Sohnes, mit denen er, auf der Suche nach sexuellem Glück, leider empfindliche Störungen überwinden muss, die Großmütter, die die Bedrohung der Gestapo in verwirrten Zuständen wieder erleben, der Vater, der zwischen all dem sein Atelier und eine Spinnenphobie hat.

Wir wachsen mit dieser Familie, mit dem Erfolg des Vaters und des Sohnes und beobachten eine Mutter, die zunehmend mehr Tabletten nimmt. Mit viel Situationskomik ist hier ein Stück Zeitgeschichte porträtiert, die Ära der Jahrtausendwende im Plattenbau miterlebbar gemacht.

Die Werke Beksinski werden in ihrer Düsternis passend szenisch eingearbeitet. Das blutrote Eingangsbild im kleinen Flur, welches als erstes seiner Werke im Film zu sehen ist, wird den Bogen am Ende schließen.
Ein trotzt aller Schicksalsschläge warmer Film über eine extrem besondere und doch so menschlich schlichte Familie.

Heike Brunner

The Last family„, Regie: Jan Matuszynski, DarstellerInnen: Andrzej Seweryn, Andrzej Chyra, Dawid Ogrodnik

Dieser Beitrag entstand im Rahmen des 4. deutsch-polnischen Programms für junge Filmkritiker_innen und -journalist_innen der 12. Ausgabe von filmPOLSKA.