DIBBUK – EINE HOCHZEIT IN POLEN („DEMON“) von Marcin Wrona


Der polnische Beitrag "Dämon" läuft im Wettbewerb vom FilmFestival Cottbus. Foto: FilmFestival Cottbus

Der polnische Beitrag DIBBUK war bei den „White Nights“ des Fantasy Filmfests zu sehen. Foto: FilmFestival Cottbus

Ein Geist aus der Vergangenheit

DIBBUK ist der letzte Film des 2016 verstorbenen polnischen Regisseurs Marcin Wrona. Es wird vermutet, dass sich Wrona im September im Alter von 42 Jahren selbst das Leben nahm. Wrona galt als einer der führenden Stimmen des neuen polnischen Films.

Piotr (Itay Tiran) und Zaneta (Agnieszka Żulewska) wollen heiraten. Sie kennen sich noch nicht lange, da Piotr bisher in London gelebt hat. Gemeinsam wollen sie in Polen auf dem Grundstück von Zanetas Großeltern sesshaft werden. Kurz vor der Hochzeit beginnt Piotr mit Gartenarbeiten und entdeckt ein vergrabenes Skelett, erzählt aber niemandem davon.

Für die Hochzeitsfeier reisen Verwandte an, das ganze Dorf hat sich eingefunden, um auf das Paar anzustoßen und den „Engländer“ zu begutachten. Piotr wirkt abwesend, er ist launisch und aggressiv. Als er seinem Schwiegervater und Schwager vom Skelett erzählt und dieses noch dazu nun verschwunden scheint, glauben sie, sein merkwürdiges Verhalten sei dem Alkohol geschuldet. Doch Piotr ist nicht mehr er selbst, sondern von einem Geist besessen. Dieser gibt sich bald zu erkennen und behauptet, aus der Vergangenheit zu stammen.

Marcin Wrona erzeugt in DIBBUK von Anfang an eine irritierende Atmosphäre und Spannung. Die physische Auswirkungen der Besessenheit Piotrs wirken so realistisch und eindrücklich, dass man glaubt, sie selbst nachzuempfinden. Mit wenigen technischen Mitteln, die im wesentlichen auf eine suggestive Lichtführung zurückgehen, inszeniert Wrona ein kammerspielartiges Horrorszenarium. Der ganze Film spielt sich in einer Nacht ab, die Figuren wandeln zwischen großem Festzelt und Haus hin und her, immer wieder am Garten vorbei, in dem das vermeintliche Skelett lag und von dem die Bedrohung auszugehen scheint.

Es beeindruckt weniger die Geschichte rund um theologisch-spiriturelle Fragen, die den jüdischen Glauben an die Seelenwanderung in den Vordergrund stellen, obwohl sie in dieser Art sicher als originell gelten kann, sondern eindeutig Wronas Bildfindung und trockener Humor. Die Szenen im Festzelt, in denen der Schwiegervater von Piotr das merkwürdige Verhalten des letzteren immer wieder gegenüber den Gästen, versucht zu erklären, aber gleichzeitig feststeht, dass er selber maßlos vor den Kopf gestossen ist, zeugen von einer genauen Beobachtungsgabe und Selbstironie seitens des Autors.
Er bemüht sich um eine sensible und tiefgründige Charakterzeichnung der einzelnen Figuren, die durch eine gelungene Besetzung überzeugend dargestellt werden. Als amüsant bleibt die Rolle des überforderten Arztes (Adam Wronowicz) in Erinnerung, der sich ununterbrochen als Antialkoholiker ausgibt, aber, wie auch anders zu erwarten, heimlich trinkt.

Neben seiner fantastischen tritt die gesellschaftskritische Ebene als gleichwichtiger Teil des Filmes hervor. Wrona entscheidet sich dafür, ein Bild einer oberflächlichen, feierwütigen und zur Empathie wenig fähigen polnischen Mittelschicht zu geben. Das ist eine pessimistische Haltung, die im Film konsequent zum Ausdruck kommt.

Teresa Vena

DIBBUK, Regie: Marcin Wrona, Darsteller: Itay Tiran, Agnieszka Żulewska, Andrzej Grabowski, Tomasz Schuchardt, Katarzyna Herman, Adam Woronowicz, Włodzimierz Press, Tomasz Ziętek

Termin beim JFBB 2023:
Mittwoch, 14.06.2023 22:00 Uhr, Jüdisches Theaterschiff MS Goldberg
Freitag, 16.06.2023 21:30 Uhr, Kino Krokodil
Freitag, 16.06.2023 21:45 Uhr, Waschhaus (Potsdam)