Festivalbericht zum 9. Filmfest Eberswalde

Festivalbericht 2013: Alles bleibt an seinem Ort


Preisträger v.l.n.r.: Alex Bloom (Camera "Lilli"), Jan Buttler (Regie "Lilli"), Piotr Subbotko (Regie "Glaskow"), Miriam Faßbender (Regie "Fremd"), Max Milhahn (Produzent "Fremd"), Foto: Filmfest Eberswalde

Preisträger v.l.n.r.: Alex Bloom (Camera "Lilli"), Jan Buttler (Regie "Lilli"), Piotr Subbotko (Regie "Glaskow"), Miriam Faßbender (Regie "Fremd"), Max Milhahn (Produzent "Fremd"), Foto: Filmfest Eberswalde

Wie so viele mittelgroße Städte Deutschlands überzeugt Eberswalde durch Pragmatismus: Blumenläden und Bestattungsunternehmen florieren in nachbarschaftlicher Koexistenz, im Paul-Wunderlich-Haus kann man zwischen Festivalbar und Toilettengang noch schnell ein paar Steuerformulare mitnehmen. Kreisverwaltung und Filmfestival vereint unterm Glasdach – das ist erdend und obendrein praktisch. Sowieso hat sich das Organisationsteam der 9. Provinziale um den Komfort seiner insgesamt 2000 Besucher sichtlich Gedanken gemacht. Das Hetzen von einer Station zur anderen – alles hinfällig. Eine regensicherer Spaziergang genügt, um Tickets, Getränke und Nahrung zu erwerben, Diskussionsrunden, Konzerten und Leinwandgeschehen beizuwohnen. Die gezeigten Filme hingegen: zu großen Teilen alles andere als wohlig. Es wurde viel gestorben in diesen acht Tagen, noch mehr geschossen, manchmal gelacht. Stets im Ohr, die sanften Sätze des Festivalleiters Kenneth Anders – freundlich referiert vor den Screenings, mit fein justierten Wegweisern hin zum Sujet. So schwingen wir Zuschauer zwischen Wohlfühl- und Schreckensbastei, wie es sich gehört, für ein bisschen Nervenkitzel am Feierabend.

Der ist allerdings nicht mehr als ein zarter Stimulus, wagt man den Vergleich mit den Filmprotagonisten. Miriam Faßbenders Dokumentation „Fremd“ (Deutschland, 2011), Gewinner des Hauptpreises im internationalen Wettbewerb, beschreibt eine nahezu aussichtslose Flucht nach Europa. Während der Malier Mohamed Kilometer für Kilometer afrikanische Underground-Checkpoints passiert, drängt das sadomasochistische Brettspiel „Mensch ärgere Dich nicht“ in den Sinn: Wird Mohamed auf seiner unsichtbaren Route quer durchs Land erwischt, folgt der Transport zum immer gleichen Ausgangspunkt. Die Reise beginnt von vorn. Hat sich doch jemand bis an die Spitze Nordafrikas durchgekämpft, hocken nicht wenige Jahre an Küstenorten, um die vielen tausend Euro für eine illegale Überfahrt aufzubringen. Hier endet Faßbenders Film – in der Ungewissheit. Auch „Bombay Beach“ (Alma Har’el, USA, 2011) und „White Box“ (Susanne Schulz, Deutschland, 2010) thematisieren nicht unbedingt begünstigte Standorte. Ein ehemaliges Ferienparadies am künstlichen Gewässer Salton Sea in Kalifornien und „Kleinmoskau“ im sächsischen Löbau –  Verödung aufgrund eines zusammengebrochenen Ökosystems auf der einen Seite, Trostlosigkeit nach dem Wegfall des Beinamens Garnisonsstadt auf der anderen. Gemeinsam ist die Ratlosigkeit. Ebenso wie die Intention einiger Bewohner, das Beste draus zu machen.

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