Junge, wilde Hauptstädter – Berliner Filmemacher bei interfilm

Junge, wilde Hauptstädter – Berliner Filmemacher bei interfilm


JAN SOLDAT

Am Dienstag, den 13. November, beginnt das 28. Internationale Kurzfilmfestival Berlin. Wie jedes Jahr erwartet uns eine wahre Flut an Kurzfilmen, die auch eine ganze Menge junger, interessanter Filmemacher an die Oberfläche spülen wird. Ein Kurzfilmfestival ist eben traditionell nicht nur Bühne für die Helden der Szene, sondern vor allem auch Talentschau, die einen Ausblick auf die kreative und personelle Zukunft des (Lang-)Films bietet. Eine bequeme Erkenntnis: Die Zukunft liegt direkt vor unserer Haustür. Viele der jungen Kreativen leben und Arbeiten in. Mit dem Programm „Berlin Beats“ widmet sich interfilm den Regisseuren der Hauptstadt. Wir stellen euch drei junge wilde Hauptstädter im Porträt näher vor.

Wir beginnen mit Jan Soldat. Anders als sein Nachname vermuten lässt, steht der gebürtige Chemnitzer für das Gegenteil von Kampf und Konflikt. Jan Soldats Filme leben Toleranz und Offenheit. Nicht zufällig ließen zwei ältere Berliner Herren ihn tief in ihre Intimsphäre blicken. Der dokumentarische Kurzfilm „Zucht und Ordnung“ zeigt, wie die beiden ihrer SM-Leidenschaft nachgehen. Ein kontroverses Thema? Die Begriffe „kontrovers“ oder „inhaltlich unkonventionell“ lässt Soldat gerade noch durchgehen, als „provokativ“ möchte er seinen Film jedoch nicht bezeichnet wissen.  Seine Filme handeln von faszinierenden Menschen, ihre Wahrnehmung als Provokation werde eher von außen an den Regisseur herangetragen.

Überhaupt: Die äußeren Ansprüche. Hier kann in dem toleranten Regisseur vielleicht doch etwas Konfliktpotential entdeckt werden.  So weigert er sich, den Kurzfilm als Sprungbrett zum Langfilm zu verstehen. Diese Sicht sei „eher von außen gewünscht“, entspreche aber nicht seiner Denkweise: „Jedes Thema hat seine passende Länge“, ob nun zwei, 25 oder 90 Minuten. Dass nun manche Filmstudenten ihre Kurzfilme eher als Trainingseinheit für den Langfilm denn als eigenständiges Projekt verstehen, will ihm dementsprechend nicht  recht gefallen. Ein Langfilmprojekt schließt er natürlich trotzdem nicht aus. Der Herausforderung wegen und – so ehrlich ist er – weil sich mit dem Langfilm im Gegensatz zum Kurzfilm vielleicht auch der ein oder andere Euro verdienen lässt. Doch es bleibt dabei: Jan Soldat nimmt Kurzfilme ernst und ist sich sicher, ihnen auch in höherem Alter treu zu bleiben.

Dementsprechend outet sich Soldat als großer Fan von Kurzfilmfestivals. Die Kontakte mit anderen Kreativen und dem Publikum sind dabei eher ein schöner Nebeneffekt, denn der Filmemacher hat sein eingespieltes Team, arbeitet außerdem auch gerne alleine. Viel wichtiger ist ihm, dass dem Kurzfilm auf den Festivals der verdienten Respekt und die nötige Ernsthaftigkeit zu Teil wird. Der Kurzfilm läuft auf der Leinwand und nicht im Internet – er steht im Mittelpunkt, anstatt als Vorfilm zum lustigen Stimmungsmacher degradiert zu werden.  Jan Soldat bedauert, dass seine Ansichten nicht weiter verbreitet sind und lobt im gleichen Atemzug die Hauptstadt. Berlin diene ihm weder als besondere Inspiration noch als Talentepool für seine Filme, aber die Spreemetropole bietet ein einzigartiges cineastisches Umfeld. Mit seinen zahlreichen Programmkinos, Festivals und Retrospektiven bietet Berlin die Möglichkeit, tiefer in die Materie Film einzutauchen.

Peter Correll

WEITERE PORTRÄTS:

CHRIS BRANDL

JERRY SUEN

„Berlin Beats“ läuft am 14.11.2012, 14.30 Uhr , Babylon – Kino 1, 16.11.2012, 21 Uhr, Passage Kino 1, 17.11.2012, 21 Uhr, Roter Salon, www.interfilm.de